Streikfolgen Deutsche Post muss Gewinnprognose senken

Bonn · Über viele Wochen hat ein harter Arbeitskampf die Deutsche Post schwer erschüttert. Jetzt belegen die neuesten Geschäftszahlen: Die Streiks haben tiefe Spuren in der Bilanz hinterlassen.

Die Zahlen des abgelaufenen Quartals lagen noch nicht vor, als Post und Gewerkschaft vor gut einem Monat ihren Tarifstreit beendeten. Und Konzernchef Frank Appel frohlockte: "Das ist ein guter Tag für die Deutsche Post, ihre Kunden und Mitarbeiter". Der Topmanager hatte wohl geahnt, dass der Konflikt um die Gründung von neuen Paketgesellschaften außerhalb des Konzerns, um kürzere Arbeitszeiten, mehr Geld und sichere Jobs am Ende nicht ohne Folgen bleiben würde. Seit Donnerstag liegen die Zahlen auf dem Tisch: Mit rund 100 Millionen Euro belastet der Ausstand die Ergebnisse der Post.

Wie schwerwiegend dieser Einbruch für die langfristig gesetzten Ziele des Unternehmens sein wird, bleibt abzuwarten. Für das laufende Jahr korrigierten die Bonner jedenfalls die Gewinnprognosen schleunigst nach unten. Ansonsten aber - das ist die wichtigste Botschaft für Aktionäre und Kapitalmärkte - bleibt alles wie gehabt. "Wir werden alle unsere über das Jahr 2015 hinaus formulierten Ziele erreichen", zeigte sich Apple zuversichtlich.

Vor gut einem Jahr hatte er gemeinsam mit Finanzvorstand Larry Rosen die Strategie 2020 der Post vorgestellt. Frühzeitig wolle sich das Unternehmen auf veränderte Markt- und Wettbewerbsbedingungen sowie Kundenbedürfnisse einstellen.

Die beiden Manager nannten finanzielle Ziele, die nicht bescheiden formuliert waren: Von 2013 bis 2020 ein Plus des operativen Ergebnisses von durchschnittlich mehr als 8 Prozent jährlich. Nachdem das ursprünglich für 2015 ausgegebene Zwischenziel von 3,35 Milliarden bis 3,55 Milliarden Euro nicht mehr erreichbar war und die Streiks zusätzlich auf die Gewinne in diesem Jahr drücken, muss sich der Vorstand sputen und Gas geben.

Post-Chef Appel: Biologe, Ziehsohn und Familienmensch
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So erwartet das Unternehmen schon im kommenden Jahr deutliche Verbesserungen. Der Wegfall streikbedingter Belastungen und positive Auswirkungen aus Einsparungen in den Sparten werden nach dem Willen des Vorstands den gelben Riesen wieder in die Erfolgsspur bringen. Dazu sollen die DHL-Sparten mit einem durchschnittlichen Wachstum des operativen Gewinns von 10 Prozent und der Bereich Post, eCommerce, Parcel (Pep) von etwa 3 Prozent beitragen.

Vorstandschef Appel bezeichnet 2015 als ein Jahr des Übergangs. Die Grundlagen für den langfristigen Erfolg seien jetzt gelegt. Doch das Jahr 2015 wird auch eingehen in die Geschichte des Unternehmens als das Jahr des bislang härtesten und längsten Tarifkonflikts. Betriebsräte und Management, allen voran Personalchefin Melanie Kreis, werden nun dafür sorgen müssen, Wunden zu heilen, die der Arbeitskampf gerissen hat. Verdi hat bei der Post viel riskiert - und am Ende nicht alles gewonnen.

Die Gründung von 49 regionalen Paketgesellschaften und ihre Ansiedlung außerhalb des Mutterkonzerns - über den Kopf der Gewerkschaft hinweg - war der Anlass der Konflikts. Verdi sah darin den Aufbau eines zweiten Zustellernetzes, deren Mitarbeiter schlechter bezahlt werden sollten als im Mutterkonzern. Falsch, sagte die Post, viele neue Jobs würden in den Unternehmen geschaffen. Der Konflikt spitzte sich im Laufe des ersten Halbjahres kontinuierlich zu. Um die Osterzeit begannen die ersten Warnstreiks, wenige Wochen später startete ein unbefristeter Ausstand. Erst Anfang Juli kam die die Einigung.

(dpa)
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