Berlin Deutschland - eine Fleischesser-Nation

Berlin · Nach einer Umfrage essen vier Fünftel der Deutschen mehrmals in der Woche oder täglich Fleisch und Wurst. Nur drei Prozent der Befragten sind Vegetarier. Frauen ernähren sich deutlich ausgewogener und gesünder als Männer.

Berlin: Deutschland - eine Fleischesser-Nation
Foto: Weber

Veggie-Burger, Sojamilch und Bulgursalat - Speisen, die noch vor wenigen Jahren als Exoten galten, sind heute oft im kleinen Supermarkt um die Ecke zu finden. Immer häufiger haben sie vegetarische und vegane Lebensmitteln in ihren Regalen stehen. Und in Großstädten erscheint fleischlose Ernährung mit speziellen Restaurants und Läden voll im Trend zu sein. Man könnte meinen, dass Deutschland zur Veggie-Nation wird.

Nur hat dieser neue Ess-Stil mit der Lebensrealität der meisten Deutschen nicht viel zu tun. Das zeigt eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Forsa im Auftrag des Bundeslandwirtschaftsministeriums, die gestern in Berlin vorgestellt wurde. Nach dem "Ernährungsreport" stehen bei vier von fünf Deutschen Fleisch und Wurst mehrmals in der Woche oder täglich auf dem Essenstisch. Nur drei Prozent der Befragten verzichten gänzlich auf Fleischprodukte. Die Umfrage zeigt auch, dass Frauen seltener Fleisch als Männer essen und sich ausgewogener ernähren. Und dass der hehre Vorsatz einer gesunden Ernährung oft an der Umsetzung scheitert.

Ende Oktober sorgte die Weltgesundheitsorganisation WHO in deutschen Küchen, Esszimmern und Lebensmittelgeschäften für mächtig Wirbel. WHO-Experten hatten Würstchen, Schinken und anderes verarbeitetes Fleisch als krebserregend eingestuft und geraten, den Konsum einzuschränken. Doch für viele gehört Fleisch weiter zur täglichen Mahlzeit.

47 Prozent der deutschen Männer essen täglich Fleisch und Wurst, 42 Prozent immerhin mehrmals die Woche - somit greifen neun von zehn Deutschen regelmäßig zur Salami oder Bratwurst. Frauen konsumieren deutlich seltener: 22 Prozent essen es täglich, 55 Prozent mehrmals die Woche. Dafür gibt es unter ihnen mehr Vegetarier. Während sechs Prozent der Frauen komplett auf Fleisch verzichten, ist es bei den Männern nur ein Prozent. Da überrascht es nicht, dass sich unter den Lieblingsgerichten der Deutschen Schnitzel, Steak, Hähnchen und Braten befinden.

Viel Wert legen die Deutschen laut der Umfrage auf eine gesunde Ernährung: Mehr als 90 Prozent der Befragten erklärten, gesundes Essen sei ihnen wichtig oder sogar sehr wichtig. An der Umsetzung hapert es allerdings: Nur 62 Prozent der Männer gelingt es nach eigener Aussage, auf eine gesunde Ernährung zu achten. Bei den Frauen sind es immerhin Dreiviertel der Befragten.

Warum das so ist, zeigen die gesammelten Daten. Viele deutsche Männer präsentieren sich als ausgesprochene Kochmuffel: 20 Prozent der Befragten greifen nie zum Kochlöffel, dreizehn Prozent selten bis maximal einmal pro Woche. Somit kocht rund ein Drittel der männlichen Bevölkerung kaum selbst. Bei den Frauen macht diese Quote gerade einmal zwölf Prozent aus. Über die Hälfte der Frauen kocht täglich (Männer: 31 Prozent).

Männer greifen dafür häufiger zu Tiefkühlpizzen (37 statt 27 Prozent), Softdrinks (16 statt sechs Prozent) und zu Süßigkeiten, wie Schokolade, Gummibärchen und Kekse (22 statt 21 Prozent). Und während 85 Prozent der weiblichen Befragten täglich Obst und Gemüse essen, machen das nur Zweidrittel der Männer. Ein Stereotyp wird durch die Umfrage bestätigt: Deutlich mehr Frauen (32 Prozent) als Männer (15 Prozent) geben an, öfter auch aus Frust zu essen.

Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) sprach von einem "eigentlich ziemlich guten Befund". Gemeinsam mit Manfred Güllner von Forsa gab er den Deutschen bei ihren Ernährungsgewohnheiten eine "zwei bis drei - Klassenziel erreicht". Der wachsenden Zahl übergewichtiger Menschen und vor allem Kindern will er mit Informationskampagnen beikommen. So forderte er erneut ein eigenes Schulfach "Ernährung". Eine sogenannte Lebensmittel-Ampel mit den Farben Rot-Gelb-Grün, die vor besonders fetten oder süßen Inhaltsstoffen warnen soll, befürwortet er nicht.

(RP)
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