Freiburg Deutschlands Ärzte lehnen Bürgerversicherung ab

Freiburg · Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hat vor einer Neid-Debatte in der Gesundheitspolitik gewarnt. "Auch ein Wahlkampf sollte uns nicht verführen, mit Neid-Parolen über unser Gesundheitswesen herzuziehen", sagte Gröhe zur Eröffnung des Deutschen Ärztetages in Freiburg. Das aus gesetzlicher (GKV) und privater Krankenversicherung (PKV) bestehende System habe sich bewährt. Eine Zusammenlegung beider Systeme sei politisch wie finanziell ohne Sinn.

Das gefiel den 250 tagenden Medizinern. Die von Grünen, Linkspartei und SPD geforderte Bürgerversicherung lehnen sie ab. Die Bürgerversicherung "ist in Wahrheit viel ungerechter als das heutige System", sagte Ärzte-Präsident Frank Ulrich Montgomery. Sie fördere Ungerechtigkeit und sei "der Turbolader einer echten Zwei-Klassen-Medizin". Die Versorgung von Patienten würde schlechter.

Ein großes Thema des Ärztetages ist die digitale Medizin. Montgomery sieht hier Chancen. Datenbasierte Anwendungen könnten helfen, Komplikationen bei chronischen Krankheiten wie Diabetes und Asthma zu erkennen. Auch manche Wege könne man dem Patienten ersparen. Ein Risiko sei die "Depersonalisierung der Medizin. Auch dürften Gesundheitsapps keine Datensammelmaschinen sein.

Das Wissenschaftsmagazin "Lancet" hat jüngst ein Ranking veröffentlicht, nach dem Deutschlands Gesundheitssystem auf Platz 20 liegt, hinter Griechenland. Das wollten die Ärzte in Freiburg nicht widerspruchslos hinnehmen. Doch beim Thema Digitalisierung hinkt Deutschland tatsächlich hinter Skandinavien und anderen Regionen hinterher, das Gezerre um die elektronische Gesundheitskarte ist nur ein Beispiel. Nun gibt es immerhin ein eHealth-Gesetz und einen Innovationsfonds. Und es gibt erste Beispiele: Die Uniklinik Aachen ist Exzellenzzentrum für Tele-Intensivmedizin. Hier gibt es 30 speziell ausgebildete Ärzte, die ihr Wissen 16 kleineren Häusern zur Verfügung stellen. Bei seltenen Erkrankungen oder Komplikationen können sie per Videosprechstunde ans Krankenbett geschaltet werden.

Eine Lösung zeichnet sich im Dauerstreit um eine neue Gebührenordnung ab. Durch die Reform sollen die Honorare der Ärzte unterm Strich um 5,8 Prozent steigen. Gröhe sei ein "erfreuliches Gegenmodell zu dem, was wir aus früheren Zeiten kennen", so Montgomery. Ulla Schmidt hatte als Gesundheitsministerin einst den Ärzten zugerufen: "Ich kann Sie nicht alle zu Millionären machen."

(anh/dpa)
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