Frankfurt Deutschlands größte Kapitalvernichter

Frankfurt · Die Aktionärsvereinigung DSW hat die Liste der Unternehmen zusammengestellt, deren Börsenwert in den vergangenen Jahren am stärksten schrumpfte. Zu den 50 Aktien auf der Liste gehören die großer Banken und Versorger.

Manche nennen sie "Todesliste". Aber so martialisch meint die Aktionärsvereinigung DSW ihre "Watchlist" gar nicht. Sie listet jährlich auf, welches börsennotierte Unternehmen am meisten Aktionärsvermögen verbrannt hat. Wieder gehört Air Berlin dazu. Die Fluggesellschaft hat sich gar von Rang 17 (2015) auf in diesem Jahr Rang fünf der größten Kapitalvernichter "vorgearbeitet", also verschlechtert. Die Airline hat voriges Jahr rund ein Drittel ihres Kurswertes eingebüßt, binnen der vergangenen drei Jahre fast doppelt so viel.

Die "rote Laterne" trägt der Maschinenbauer Singulus aus Kahl am Main (siehe Tabelle). Ihm hat die technische Entwicklung zugesetzt. Singulus hatte zunächst Maschinen gebaut, auf denen DVDs und CDs hergestellt wurden, aber diese Datenträger haben sich weitgehend überlebt. "Jetzt ist man sehr stark im Solarbereich unterwegs", erklärte Marc Tüngler, der Hauptgeschäftsführer der DSW. Der spüre aber starke Konkurrenz aus China. "Es krankt dort im Geschäftsmodell oder in den Absatzmärkten", so Tüngler. Das schlage auf Geschäftszahlen und Kurse durch.

Die ganz jungen börsennotierten Unternehmen nimmt die DSW nicht in ihre Auswahlliste des Schreckens auf. Da ist erstens das Risiko, zu scheitern, noch sehr groß, und zweitens würden die Kleinen womöglich den Blick auf hohe Verluste großer börsennotierter Unternehmen statistisch verdecken. Denn auch etablierte Aktiengesellschaften zehren stark am Vermögen der Anleger. Voriges Jahr waren unter den Dax-Werten wieder große Verlierer wie die Energiekonzerne RWE und Eon, dazu die Deutsche Bank und die Commerzbank. Bis zu einem knappen Viertel haben sie 2016 an Börsenwert verloren, bis zu 62,5 Prozent binnen drei Jahren.

Sie alle standen auch schon vor drei Jahren auf der Liste der 50 größten Kapitalvernichter. Ein schlechtes Zeichen. "Wer öfter, über viele Jahre, in dieser Liste auftaucht, der hat wirklich ein massives Problem", so Tüngler. Beispiel Banken: "Die Finanzdienstleister stöhnen unter der Regulierung. Und gleichzeitig haben wir keine Zinsen. Das Geschäftsmodell wackelt, muss man ganz klar sagen."

Gleichzeitig hat die DSW darauf hingewiesen, wo und wie sie bei Hauptversammlungen den Finger in die Wunde legt. Über Sonderprüfungen beispielsweise. Bei der Deutschen Bank läuft eine solche schon, weil die DSW es leid war, zuzusehen, wie Milliarde um Milliarde für Strafzahlungen abfloss statt als Ausschüttung zu den Aktionären. Bei VW ist sie beantragt. Und nachdem nun bekannt wurde, dass die Staatsanwaltschaft auch die Räume der US-Kanzlei hat durchsuchen lassen, die im Auftrag von VW den Dieselskandal untersucht, fühlt sich die DSW bestätigt. "Offensichtlich misstraut die Staatsanwaltschaft ja auch den eigenen Aufklärungsbemühungen von VW", sagte Klaus Nieding, der Vizepräsident der DSW. "Insofern ist es sicherlich an der Zeit, dass unsere Sonderprüfung da durchkommt."

Vorstand und Aufsichtsrat von Daimler sollen nächste Woche erklären, warum die Strafen für Preisabsprachen im aufgeflogenen Lkw-Kartell ohne große Diskussion vom Unternehmen, also von den Aktionären, bezahlt werden sollen. Und warum niemand auf die Idee komme, den Vorstand in Haftung zu nehmen.

(RP)
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