Grundsatzrede von Reiner Hoffmann DGB-Chef fordert mehr Rechte für Betriebsräte

Berlin · Reiner Hoffmann skizziert auf dem DGB-Bundeskongress in Berlin sein Programm. Flexiblere Arbeitszeiten und mehr Rechte für Arbeitnehmervertreter sind seine Kernanliegen.

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Viel war erwartet worden von der ersten Grundsatzrede des frisch gewählten DGB-Vorsitzenden Reiner Hoffmann. Wohin geht die Reise des Deutschen Gewerkschaftsbundes? Welche politischen Themen will der Dachverband angehen? Wer eine Kampfansage an Politik und Arbeitgeber erwartet hatte, wurde enttäuscht. Hoffmann ist kein Mensch, der sofort auf Attacke schalten kann. Sehr vorsichtig, abwägend, mehr analytisch denn angriffslustig fiel sein Grundsatzreferat am Dienstag aus. Die innerhalb der DGB-Gewerkschaften als strittig geltenden Themen Steuerpolitik und eine gesetzliche Regelung der Tarifeinheit streifte der neue Vorsitzende allenfalls am Rande.

Die Pläne der großen Koalition zum Mindestlohn, der Rente mit 63 und der einfacheren Möglichkeit, Tarifverträge für allgemeinverbindlich zu erklären und damit auch für tariflose Beschäftigte durchzusetzen, begrüßte Hoffmann: "Das sind wichtige Meilensteine, keine Wahlgeschenke." Aber das reiche den Gewerkschaften nicht aus: "Wir wollen mehr", rief er. Arbeit dürfe keine Ware sein. Deutschland müsse zum Weltmarktführer bei guten Arbeitsbedingungen werden.

Dass der Wind, der ihm an der DGB-.Spitze entgegenschlägt, rauer wird, konnte Hoffmann schon am Morgen schwarz auf weiß lesen: "Handelsblatt"-Herausgeber Garbor Steingart hatte ihn scharf dafür kritisiert, dass er am Montag bei der Übergabe eines Blumenstraußes an seinen Vorgänger Michael Sommer gesagt hatte: "Die kannst Du Deiner Frau Ulrike mitbringen." "Das klang nach Küche, Kirche, Kinder, nicht nach Gleichberechtigung", schrieb Steingart. Dass dies wenig mit Hoffmanns Anschauung zu tun hat, unterstrich der Gewerkschafter in seiner Rede mit der Forderung nach einer stärkeren "selbstbestimmte Arbeitszeitpolitik"., "Wir müsse uns endgültig von dem dominierenden Modell des männlichen Familienernährers in Vollzeit mit bruchloser Erwerbsbiografie verabschieden."

Mehr Investittionen in Bildung und Ausbildung

Zudem forderte er mehr Investitionen in Bildung, mehr Ausbildungsplätze und vor allem größere Mitspracherechte der Betriebsräte in den Unternehmen: Diese sollten beim Einsatz von Werkverträgen und Leiharbeitern mitreden dürfen. Zudem verlangte Hoffmann eine Besserstellung der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsräten. Dies könne durch die von Bundestagspräsident Norbert Lammert vorgeschlagene Abschaffung des Doppelstimmrechts der Aufsichtsratsvorsitzenden gelingen. Das widerspreche auch nicht den Eigentümerrechten, schließlich handele es sich bei den Eigentümern inzwischen zunehmend um "anonymes Kapital" etwa durch Fondsmanager, die mehr Interessen an hohen Renditen und weniger an Verantwortung für das Eigentum hätten. Zudem verlangte Hoffmann, dass Unternehmensmitbestimmung schon bei Unternehmen ab 1000 Mitarbeitern greifen müsse.

Beim Thema Euro-Krise, "der größten sozialen Krise der Nachkriegszeit", warb der DGB-Chef für eine Abkehr von der Sparpolitik und stärkere Anstrengungen bei der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in den südeuropäischen Ländern. "Das halten die Demokratien ansonsten auf Dauer nicht aus." Die große Koalition setze zu stark auf Kontinuität und mache Politik am EU-Parlament vorbei. Rettungsschirme würden gespannt und zugleich Arbeitnehmerrechte beschnitten. Mit dem Appell, Europa am bei den Wahlen 25. Mai nicht den Rechtspopulisten zu überlassen beendete der DGB-Chef die erste Grundsatzrede seiner Amtszeit.

(felt)
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