Johannes Remmel "Die Bayer-Monsanto-Fusion ist beunruhigend"

Leverkusen · Der NRW-Umweltminister sieht Risiken für Landwirte und Arbeitnehmer. NRW werde die anstehende Prüfung der Kartellbehörden begleiten.

Monsanto und Bayer sind sich einig: Gemeinsam will man zum größten Agrarchemie-Konzern der Welt aufsteigen. Doch die Kritik wächst. Investoren fürchten, dass Bayer sein Pharmageschäft vernachlässigt und sich finanziell übernimmt. Am Dienstag stellt sich der Bayer-Chef in Köln bei einem "Meet the Management" 100 wichtigen Investoren. Doch auch Umwelt- und Verbraucherschützer sind alarmiert. Wir sprachen mit NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne).

Freuen Sie sich, dass der größte Gentechnik-Konzern der Welt nun seinen Sitz in NRW haben wird?

Remmel Der Bayer-Konzern hat eine lange Tradition und ist ein wichtiger Arbeitgeber am Standort. Wenn der Konzern nun eines der umstrittensten Unternehmen der Welt aufkauft, steht viel auf dem Spiel. Ich kann daher die Befürchtungen der Arbeitnehmer vor tiefen Einschnitten wegen des hohen Kaufpreises verstehen und hoffe sehr, dass der Standort NRW durch diese Übernahme keinen Schaden nimmt.

Die beiden Konzerne preisen die Fusion als einen Schlüssel zur Lösung des Welternährungsproblems. Sehen Sie das auch so?

Remmel Nein, das sehe ich überhaupt nicht. Es ist eher so, dass nach den jüngsten Übernahmen in dieser Branche einige wenige Großkonzerne eine so große Einflussposition auf die weltweite Landwirtschaft haben wie noch nie zuvor in der Geschichte. Das Oligopol kann künftig alles bestimmen: die Preise, den Absatz und die technologische Entwicklung. Dabei gehen alle Experten der UN-Gremien davon aus, dass 2050 die dann zehn Milliarden Menschen auf der Welt nur mit einer ökologischen und regionalen Landwirtschaft sicher und gerecht ernährt werden können. Das bedeutet in der Konsequenz: keine Gentechnik, weniger Kunstdünger und weniger Pflanzenschutzmittel. Insofern eine Abkehr von der Industrialisierung der Landwirtschaft, wie sie derzeit stattfindet. Insofern ist die Mega-Fusion beunruhigend und ich kann nur hoffen, dass sich bei Bayer nicht die Monsanto-Firmenkultur durchsetzt, sondern dass es umgekehrt verläuft. Also: Schwerter zu Pflugscharen.

Was bedeutet die Fusion für die Landwirte weltweit?

Remmel Zunächst nichts Gutes. Der Weltbauernverband und auch der amerikanische Landwirtschaftsverband haben die Mega-Übernahme schon scharf kritisiert. Künftig werden vier Riesen-Konzerne weltweit den Takt vorgeben. Wettbewerb sieht anders aus. Man braucht kein Schwarzseher zu sein, um vorauszusagen, dass das Preisniveau steigen und sich der Strukturwandel in der Landwirtschaft weiter verschärfen wird - hin zu immer größeren Betrieben, die nichts mit der bäuerlichen, nachhaltigen und gentechnikfreien Landwirtschaft zu tun haben, die die Gesellschaft etwa in Europa will.

Müssen Verbraucher jetzt fürchten, dass auch in Deutschland Genfood auf die Teller kommt?

Remmel Nicht wegen der sehr teuren Übernahme von Monsanto durch Bayer. Dies ist eher ein Thema in den TTIP-Verhandlungen und deshalb lehne ich es auch ab, dass wir unsere guten Vorsorge-Grundsätze im Umwelt- und Verbraucherschutz auf dem Altar des Freihandelsabkommens opfern sollen. Die Menschen in Deutschland wollen keine gentechnisch veränderten Lebensmittel. Das finde ich gut.

Die Kritik der Umwelt- und Sozialverbände an der geplanten Fusion ist massiv. Niedersachsen hat angekündigt, alle rechtlichen und politischen Möglichkeiten zu nutzen, um die Fusion zu verhindern. Wollen Sie das auch?

Remmel Nordrhein-Westfalen ist der drittgrößte Agrarproduzent in Deutschland. In der Landwirtschaft und Ernährungswirtschaft sind hier gut 400.000 Menschen beschäftigt und bei uns leben 18 Millionen Verbraucherinnen und Verbraucher. Alle sind von dieser Mega-Fusion betroffen. Auch wenn das Land keine großen Einflussmöglichkeiten hat, liegt es mit Blick auf diese Zahlen in unserem Interesse, die anstehende Überprüfung durch die Kartellbehörden zu beobachten und zu begleiten.

Welche Möglichkeiten gäbe es, die Fusion der beiden Konzerne noch zu stoppen?

Remmel Das Verfahren liegt bei den Kartellbehörden. Es ist davon auszugehen, dass der Bayer-Vorstand die Kartellrisiken kennt.

ANTJE HÖNING STELLTE DIE FRAGEN.

(RP)
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