Düsseldorf Die Bundesbank probt für den Ernstfall

Düsseldorf · Terrorangriffe, Naturkatastrophen, Bombenentschärfungen, Hackerangriffe oder Stromausfälle - die Notenbank muss sich für alle Eventualitäten wappnen. Das schafft sie mit regelmäßigen, realistischen Übungen.

Was wäre, wenn ein Terrorist einen Tanklaster kapern und absichtlich in eine Filiale der Bundesbank steuern würde? Wäre auf einen Schlag die Versorgung mit Bargeld in einer Region gefährdet? Was zunächst abwegig klingt, ist durchaus ein ernstzunehmendes Szenario, mit dem sich die Notenbank beschäftigen muss. "Business Continuity Management" heißt das im Fachjargon - also die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs.

"Der Barzahlungsverkehr ist ein Kerngeschäft der Bundesbank. Die Sicherstellung der Ein- und Auszahlungsfähigkeit bei der Bundesbank und ihren Filialen nimmt daher eine hohe Priorität ein", sagt Uwe Irmscher, Bundesbankdirektor in der NRW-Hauptverwaltung und Bereichsleiter Innen- und Filialbetrieb. "Deshalb haben wir in den vergangenen zehn Jahren Szenarien entwickelt, für die wir uns technisch und organisatorisch rüsten." Die Szenarien umfassen auch Naturkatastrophen, IT-Angriffe oder weitreichende Unglücke. "Wir berücksichtigen aber auch profanere Dinge wie einen Stromausfall", sagt Irmscher.

Für die Bewältigung dieser Fälle liegen in den Bundesbank-Filialen detaillierte Konzepte vor. Allerdings reiche es nicht, alles schwarz-weiß auf dem Papier zu haben, sagt Irmscher. "Sie müssen das proben." Ein- bis zweimal im Jahr wird in der Hauptverwaltung der Ernstfall geübt, der letzte Durchgang fand im März statt. Die entsprechenden Mitarbeiter aus Verwaltung, Technik, Personalabteilung und so weiter treten schnell zusammen. Dann wird zunächst ein Sekretariat eingerichtet, in dem alle Telefonate und Informationen auflaufen. Und die Entscheider versammeln sich in einem separaten Raum zur Lagebesprechung. "Es geht darum, überlegt, flexibel und schnell reagieren zu können", sagt Bundesbanker Irmscher.

Es gibt jedoch eine weitere, aufwendigere Stufe der Übung, die dann auf realistischen Szenarien beruht. "2012 haben wir so etwas hier in Düsseldorf gemacht: Damals hieß es, Köln stehe unter Wasser und damit auch unsere dortige Filiale", erklärt der Bundesbanker. "Wir haben dann in der Übung versucht, den Betrieb neu zu organisieren und Kunden auf andere Filialen umzuleiten." Im Verlauf der Übung wurden verschiedene Stessszenarien möglichst realitätsnah durchgespielt und der Druck auf die beteiligten Mitarbeiter wurde Schritt für Schritt erhöht - etwa durch speziell fingierte Anrufe. "Man kann daran schnell ablesen, was funktioniert und was nicht. Wichtig ist, die hektische Anfangsphase möglichst kurz zu halten", so der Bundesbanker.

2013 wurde zudem mit der Polizei in Essen ein Überfall-Szenario inszeniert. Eine Grenzerfahrung für so manchen Beschäftigten: "Die Mitarbeiter wussten zwar Bescheid, allerdings haben die Polizisten die Bankräuber sehr realistisch dargestellt. Die bewaffneten ,Täter' haben die Filialmitarbeiter in dieser Übung auch bedroht." Am Ende sei es schwer gefallen, Fiktion und Realität zu unterscheiden. "Der Lerneffekt für Polizei und Bundesbank war entsprechend hoch." In Dortmund sei zudem geprobt worden, wie kurzfristig Großkunden wie Wertdienstleister zu einer anderen Filiale umgeleitet werden konnten.

Deutschlandweit gibt es derzeit noch 38 Filialen - in einem Umkreis von durchschnittlich 75 bis 100 Kilometern ist immer eine erreichbar. In NRW unterhält die Bundesbank sieben Standorte.

"Es gibt natürlich weitreichendere Szenarien", erklärt Irmscher. Diese beträfen die gesamte Bundesbank und seien nicht regional begrenzt. Ein Beispiel für eine Krise wäre eine Epidemie oder Pandemie. Das wurde bei einer deutschlandweiten Übung mit dem Namen Lükex (Länder übergreifende Krisenmanagement-Übung) des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe bereits einmal durchgespielt. "Wir haben dafür Szenarien, mit welcher Mindestbesetzung man den Betrieb während einer Pandemie aufrechterhalten kann", sagt Irmscher.

Wichtig sei insbesondere auch die IT-Sicherheit. Bei der Bundesbank gibt es rund 1000 IT-Spezialisten. Hinzu kommt externe Beratung. "Unsere IT-Infrastruktur ist auf dem neuesten Stand, gut gewartet und abgeschirmt. Gerade beim unbaren Zahlungsverkehr ist eine hohe Betriebsstabilität der Systeme extrem wichtig. Sichergestellt ist auch, dass die Bargeldtransaktionen mit unseren Kunden verbucht werden können."

(RP)
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