Die Europäische Zentralbank wird zur Bad Bank Europas

Frankfurt/M. Auch gestern tat die Europäische Zentralbank (EZB) das, was sie eigentlich nicht tun soll: Sie kaufte italienische und spanische Staatsanleihen, um den Ländern zu helfen. Insgesamt sitzt die EZB nun auf Staatsanleihen hoch verschuldeter Euro-Länder im Wert von 130 Milliarden Euro. Aus der Notenbank, die eigentlich ein Hort der Solidität sein sollte, ist eine Bad Bank für Euro-Staaten geworden. Wie geht es weiter mit ihr?

Bei ihrer Schaffung war die EZB unabhängiger als die Deutsche Bundesbank. Als wichtigste Aufgabe gaben die Staaten ihr vor, für stabile Preise zu sorgen. Der EU-Vertrag verbot ihr in Artikel 123, Schuldtitel von Staaten zu erwerben. Damit sollte verhindert werden, dass die Staaten übermäßig Kredit aufnehmen, was die Inflation anheizt. Allerdings steht im EU-Vertrag nur, dass der unmittelbare Ankauf von Anleihen verboten ist. Daher kauft die EZB die Papiere nicht direkt von den kriselnden Staaten, sondern von Dritten am Markt und stützt somit die Staaten indirekt. Doch auch das ist auf mittlere Sicht gefährlich: Wenn es der Zentralbank nicht gelingt, die zusätzliche Liquidität (vereinfacht gesagt: das zusätzlich gedruckte Geld) an anderer Stelle im Markt wieder einzusammeln, treibt dies die Inflation. Wenn zudem einer der Staaten Pleite geht, muss die Zentralbank Milliarden abschreiben und die Länder um frisches Kapital bitten.

Aus diesen Gründen hat sich die Deutsche Bundesbank stets vehement gegen den Ankauf von Staatsanleihen gewehrt. Vergeblich, im Mai 2010 fasst der zuständige EZB-Rat gegen den Willen der Deutschen einen entsprechenden Beschluss und begann umgehend mit dem Kauf griechischer Papiere. Aus Zorn über den gefährlichen Kurs der EZB war im Februar 2011 erst Axel Weber, damals Chef der Deutschen Bundesbank, und am Freitag Jürgen Stark, Chefvolkswirt der EZB, zurückgetreten. Damit haben die Falken, die für hartes Geld kämpfen, ihre Standhaftigkeit bewiesen. Zugleich aber haben sie den Tauben das Feld überlassen, die aus der EZB ohnehin einen verlängerten Arm der nationalen Wirtschaftspolitik machen wollen.

Nun müssen der neue junge Bundesbank-Chef Jens Weidmann (43) und der neue junge EZB-Chef-Volkswirt Jörg Asmussen (45) die Fahne der Stabilität hochhalten. Beide sind fachlich versiert, haben aber auch lange der Kanzlerin als Berater gedient. Ob sie es schaffen, sich zu emanzipieren und in der Tradition der starken Bundesbanker auf die Unabhängigkeit von der Politik zu pochen, ist die Frage.

Wie es weitergeht mit der EZB hängt auch davon ab, ob sich Mario Draghi auf die Seite der Falken stellt. Draghi, noch Chef der italienischen Notenbank, löst in sechs Wochen Trichet ab. Bislang hat er sich als strenger Wächter des Geldes gegeben. Nun muss er als EZB-Chef zeigen, dass er dies auch tatsächlich ist. "Die EZB ist dabei, ihre eigene Glaubwürdigkeit zu zerstören", warnte Clemens Fuest vom Beirat des Bundesfinanzministers.

(RP)
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