Kolumne Der Ökonom Die EZB als Hedgefonds

Zentralbank-Präsident Draghi will eine Schieflage Italiens und den Euro-Kollaps verhindern. Zur Rettung seines Heimatlandes kann sein Plan aber nicht dauerhaft funktionieren.

Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, hat Erfahrung als Investment Banker. Beim US-Branchenführer Goldman Sachs arbeitete er mehrere Jahre in der Abteilung für Staatsschulden.

Die Erfahrungen kommen ihm bei seinem riskanten Plan scheinbar zugute, mit einer ultraleichten Geldpolitik das Finanzsystem Europas liquide zu halten. Jetzt ist sein großes Ziel, den Kollaps des Euro infolge einer Schieflage Italiens zu verhindern. Das gewaltige Programm, für weitere 540 Milliarden Euro zum Teil riskante Staatsschuldtitel zu erwerben, gehört dazu. Es wird die Bilanz der EZB um rund eine halbe Billion Euro verlängern, zusätzlich zu den bereits getätigten Schuldenkäufen von 1,5 Billionen Euro. Das sind fast 20 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung der Eurozone.

Mit dem Programm erleichtert Draghi es dem italienischen Staat, die maroden Banken zu retten. Deren Problemkredite haben inzwischen ein Fünftel aller Ausleihungen erreicht. Das macht das Bankensystem extrem anfällig. Zwar verhindert die EZB damit den berüchtigten Bankenrun, also die Einlösung der Einlagen in Cash und damit den Zusammenbruch der Kreditinstitute. Aber sie kuriert und verlängert insbesondere in Italien die allgemeine Staats- und Wirtschaftskrise. Mit den vielen Krediten, aus denen sie Zinsen zieht, verhält sich die EZB wie ein Hedgefonds, der auf der anderen Seite der Bilanz für Einlagen sogar Zinsen (Negativzinsen für den Anleger) einfordert.

Zur Rettung Italiens kann das auf Dauer nicht funktionieren. Das Land ist seit 1999 nicht mehr gewachsen, die Produktivität ist sogar zurückgegangen. Italien hat heute die gleichen Probleme wie Großbritannien in den 70er Jahren. Damals veränderte Margaret Thatcher in einem Jahrzehnt das Land. So etwas bräuchte Italien auch. Eine Rettung über die EZB oder die EU würde nicht helfen und die gesunden Teile der Eurozone in Mitleidenschaft ziehen.

Ihre Meinung? Schreiben Sie dem Autor unter kolumne@rheinische-post.de

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort