Berlin Die Liste der politischen Seitenwechsler ist lang

Berlin · Gerhard Schröder (SPD), Ronald Pofalla, Eckart von Klaeden (beide CDU), Dirk Niebel, Daniel Bahr (beide FDP) - die Liste der Spitzenpolitiker, die wie nun der frühere SPD-Wirtschaftsminister von Nordrhein-Westfalen, Garrelt Duin, in die Wirtschaft gewechselt sind, ließe sich fortsetzen. Private Unternehmen profitieren vom Insiderwissen und den Netzwerken der früheren Politiker, die dort ein Vielfaches dessen verdienen, was ihnen der Staat bieten konnte. Versilberung und Privatisierung des politischen Insiderwissens empören andererseits Anti-Lobby-Verbände und sind auch in der Bevölkerung umstritten. Denn Politiker, die im Verdacht stehen, nur darauf zu lauern, später auf lukrative Wirtschaftsposten zu wechseln, dürften Unternehmen im Amt unkritischer begegnen. Umgekehrt erhalten Firmen, die Ex-Politiker einstellen, wichtige Wettbewerbsvorteile.

Besonders kritisch sind Schnelleinstiege, wie etwa der des Ex-Merkel-Vertrauten von Klaeden. Der frühere Staatsminister im Kanzleramt wechselte Anfang 2014 nahtlos als Cheflobbyist zu Daimler. Ein Jahr später verließ Pofalla das Kanzleramt in Richtung Deutsche Bahn. Sein direkter Aufstieg in den Vorstand wurde nach einer Welle der Empörung gestoppt, doch im August 2015 konnte er aufrücken.

Der Fall blieb nicht folgenlos: Mitte 2015 verabschiedete der Bundestag ein Gesetz zur Einführung einer Karenzzeit. Minister und parlamentarische Staatssekretäre müssen nun anzeigen, wenn sie in die Privatwirtschaft wechseln wollen. Bei einem Interessenkonflikt kann die Regierung eine Karenzzeit verhängen: im Ausnahmefall 18 Monate, sonst zwölf. "Kann", wohlgemerkt. Sanktionen sind nicht vorgesehen, und die Regel gilt nicht für beamtete Staatssekretäre, die über besonders viel Insiderwissen verfügen. Haushalts-Staatssekretär Werner Gatzer etwa konnte Ende 2017 direkt aus dem Bundesfinanzministerium ebenfalls zur Bahn wechseln.

(mar)
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