Düsseldorf Die Schleckers werden angeklagt

Düsseldorf · Mehr als vier Jahre nach der Pleite des Drogeriemarktbetreibers beschuldigt die Staatsanwaltschaft den Ex-Unternehmer, seine Familie und zwei weitere Personen des vorsätzlichen Bankrotts.

Düsseldorf: Die Schleckers werden angeklagt
Foto: dpa, mg htf lof mba

Kaum ist das Verfahren gegen die früheren Porsche-Manager Wendelin Wiedeking und Holger Härter mit einem Freispruch für die Angeklagten zu Ende gegangen, da bahnt sich in Stuttgart schon der nächste spektakuläre Wirtschaftsstrafprozess an. Und der könnte noch etwas volksnäher werden.

Denn es geht um den einstigen Drogeriemarkt-Betreiber Anton Schlecker, seine Frau Christa sowie seine Kinder Meike und Lars. Alle gemeinsam werden mit zwei weiteren Personen des vorsätzlichen Bankrotts beschuldigt. Schlecker soll vor der Insolvenz seines Unternehmens Vermögenswerte beiseite geschafft haben.

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart bestätigt nur eine Anklage gegen sechs Personen im Fall Schlecker, äußert sich aber ansonsten nicht. Das will sie erst heute tun. Mehrere hundert Seiten dick ist die Anklageschrift angeblich. Insgesamt geht es dem Vernehmen nach um 13 Einzeltaten, die den Beschuldigten zur Last gelegt werden. Anton Schlecker soll unter anderem Vermögen auf die Firmen seiner Kinder übertragen, seiner Tochter eine teure Reise spendiert, seinen Enkelkindern Hunderttausende Euro geschenkt haben, als Schlecker schon am Rande des Zusammenbruchs dahinsiechte.

Wegen des Verdachts auf Untreue, Insolvenzverschleppung und vorsätzlichen Bankrott ermittelt die Staatsanwaltschaft Stuttgart seit Juli 2012. Ein halbes Jahr später tauchten wie aus dem Nichts zehn Millionen Euro auf, und Anton Schlecker zahlte an Gläubiger. Dazu gehörten Immobilien, Firmenwerte, Bargeld und andere Vermögenswerte, die er an Familienmitglieder übertragen hat.

Die Familie Schlecker hatte sich mit dem Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz darauf geeinigt, dass Schenkungen aus den vier Jahren vor der Pleite rückabgewickelt werden. Kurz zuvor hatte Meike Schlecker der staunenden Öffentlichkeit noch verkündet, es sei kein Geld mehr da, ihr Vater habe alles ins Unternehmen gesteckt.

Hat er nach Überzeugung der Stuttgarter Anklagebehörde aber nicht. Die Staatsanwaltschaft ist im Prozess gegen Wiedeking und Härter gerade erst kräftig auf die Nase gefallen. Aber im Fall Schlecker, so heißt es in Gerichtskreisen, stünde ihre Chancen deutlich besser.

Die Schlecker-Insolvenz gehört zu den öffentlichkeitswirksamsten Firmenpleiten der deutschen Geschichte. Schlecker war mal der größte Drogeriemarktbetreiber; in den großen Zeiten hatte er 9000 Filialen und 30.000 Beschäftigte. Schlecker galt als Pionier seiner Branche. Aber er begriff nicht (oder wollte nicht begreifen), dass sich Kundenverhalten ändert, dass man Filialen modernisieren und optisch aufhübschen muss, damit die Klientel im Laden bleibt. Die ging aber irgendwann lieber bei der Konkurrenz shoppen. Die Umsätze brachen ein, Schlecker rutschte immer tiefer in die roten Zahlen. Beim Insolvenzantrag 2012 hinterließ die Firmengruppe Milliardenschulden, mehr als 20.000 Beschäftigte verloren ihren Job, nur ein relativ kleiner Teil fand dauerhaft eine Stelle.

Die Familiensaga lieferte den Stoff für zwei Fernseh-Filme, für Dokumentationen über das Schicksal von sogenannten Schlecker-Frauen, für hitzige Debatten um die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmern. Das Porträt einer Familie, mit der man Mitleid hatte, als die Kinder in den 80er Jahren entführt wurden, die aber später als Inbegriff von Geiz und Gier galt, weil die Schleckers zwar Millionen scheffelten, aber angeblich Mitarbeiter bespitzeln ließen, dem Personal vorgaukelten, es werde nach Tarif bezahlt, obwohl der Lohn deutlich niedriger ausfiel, und deren Angestellte angeblich mit ihrem Handy dienstlich telefonieren mussten, weil die Apparate in den Zweigstellen gesperrt gewesen sein sollen. Das alles würde in einem Prozess vermutlich auch zur Sprache kommt. Wenn die Anklage zugelassen wird.

(RP)
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