Ukraine-Konflikt, Exporte, Konsum Die Sorge vor der Rezession ist zurück

Düsseldorf · Lange war Deutschland in der Euro-Krise eine Insel der Glückseligen. Doch die ungelösten Probleme der überschuldeten Euro-Länder und der kriegerische Konflikt in der Ukraine sorgen für trübe Aussichten.

Ukraine-Konflikt, Exporte, Konsum: Die Sorge vor der Rezession ist zurück
Foto: AP, AP

Dunkle Wolken ziehen am Konjunktur-Himmel auf. Kaum ein Tag, ohne dass ein Institut neue schlechte Nachrichten präsentiert: Das Ifo-Geschäftsklima hat sich vier Monate in Folge eingetrübt, die Konsumstimmung ist schlecht, gestern präsentierte das Statistische Bundesamt einen Rückgang der deutschen Wirtschaftsleistung. Die Angst vor einer Rezession steigt.

Wann liegt eine Rezession vor?

Wenn die Wirtschaftsleistung in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen sinkt. Im zweiten Quartal des Jahres nahm das Bruttoinlandsprodukt, also der Wert aller im Inland produzierten Güter und Dienstleistungen, nach Angaben der Statistiker um 0,2 Prozent ab. "Die Gefahr einer Rezession ist durchaus ernst zu nehmen", sagte kürzlich Ferdinand Fichtner, Konjunkturexperte beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Sollte die Behörde Mitte November erwartungsgemäß auch für das dritte Quartal einen Rückgang feststellen, wäre es amtlich: Die deutsche Wirtschaft steckt in der Rezession.

Wie läuft die Exportwirtschaft?

Zwar stiegen Produktion und Aufträge im zurückliegenden Monat - allerdings so langsam wie seit mehr als einem Jahr nicht mehr. Der Markit-Einkaufsmanagerindex lag mit 51,4 Punkten nur leicht über der Wachstumsschwelle. "Im deutschen Industriesektor blinken derzeit die Warnlampen", sagte Markit-Experte Oliver Kolodseike.

Welche Rolle kommt jetzt dem Konsum zu?

Eigentlich stehen die Zeichen recht gut: Die Tariflöhne lagen im zweiten Quartal im Schnitt um 2,6 Prozent höher als im Vorjahreszeitraum. Trotz der höheren Gehälter sind die Konsumenten aber vorsichtig: Das Konsumklima hatte sich zuletzt nach Angaben der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) stark eingetrübt. Der private Verbrauch legte daher auch nur um 0,1 Prozent gegenüber dem Vorquartal zu.

Was sind mögliche Gründe für die schwächelnde Wirtschaft?

Da wäre zum einen die Ukraine-Krise. Die Sanktionen des Westens, aber auch der von Moskau verhängte Einfuhrstopp für westliche Agrargüter drücken auf die Stimmung. Dabei dürfte es sich aber in erster Linie um einen psychologischen Effekt handeln, schließlich bewegt sich der Anteil deutscher Agrarexporte nach Russland mit 0,3 Prozent im Promillebereich. Gravierender ist, dass auch in der restlichen Welt - und insbesondere in den übrigen Euro-Ländern - die Auftragslage für die Exporteure schwächelt.

Wie stellt sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt dar?

Der Arbeitsmarkt ist noch robust. Die Arbeitslosenquote stieg im August laut Bundesagentur nur leicht um 0,1 Punkte auf 6,7 Prozent - und das wohl eher saisonbedingt. Die Zahl der Erwerbstätigen lag bei 42,7 Millionen im August.

Wie steht es um die Preisentwicklung? Droht eine Deflation?

Für die Europäische Zentralbank (EZB) herrscht Preisstabilität, wenn die Inflation unter, aber nahe zwei Prozent liegt. Davon ist sie nach Angaben der Statistiker von Eurostat mit 0,3 Prozent weit entfernt. Das schürt die Angst vor Deflation. Denn in dieser Konjunkturphase schieben die Bürger ihre Konsumausgaben auf die lange Bank, Unternehmen verschieben Investitionen in die Zukunft. Es droht ein weiterer Preisverfall, der dann in Massenentlastungen gipfel könnte.

Wie sollte die EZB reagieren?

Aus Sicht von Marcel Fratzscher, Präsident des DIW, droht die EZB ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren. Denn Unternehmen und Finanzmärkte zweifelten, dass die Zentralbank Preisstabilität gewährleisten könne. "Die EZB hat deshalb keine andere Wahl, als entschieden zu handeln." Sie könnte mit Anleihenkäufen Geld in den Markt pumpen.

(RP)
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