Düsseldorf Die Verpackungs-Tricks der Hersteller

Düsseldorf · Viele Unternehmen erhöhen durch Änderung von Produkt-Füllmengen verdeckt ihre Preise. Kunden fühlen sich getäuscht. Verbraucherschützer fordern härtere Gesetze und eine klare Kennzeichnung von Produkt-Änderungen.

"Liebe auf den ersten Blick" und "Keiner macht mich mehr an". Konsummittel-Hersteller wie die Molkerei Ehrmann werben mit Wohlfühlsprüchen für ihre Produkte. Unter anderem auch für das Grand Dessert, ein Schoko-Pudding. Bei Kunden dürfte die Liebe aber schnell verfliegen, wenn sie beim Blick auf die gewohnte Verpackung feststellen, dass sich der Inhalt bei gleichem Preis um zehn Gramm verringert hat. Immerhin eine faktische Preiserhöhung um 5,3 Prozent. Das Problem: Weil viele Hersteller das Design und die Größe der Verpackung nicht ändern, kontrolliert kaum ein Kunde, ob sich beim Inhalt etwas geändert hat.

Große Packung, kleiner Inhalt - kein Einzelfall, sagt Armin Valet, Experte von der Verbraucherzentrale Hamburg. "Wenn beispielsweise die Produktionskosten steigen, versuchen die Hersteller die Preise verdeckt zu steigern", sagt er. Und zwar auf vielfältige Weise. So senkte Henkel die Füllmenge seines Weichspülers Vernel um 150 auf 600 Milliliter, gleichzeitig erhöhte sich laut Verbraucherzentrale der Verkaufspreis. Im Falle Stollwercks gab es eine Preissteigerung bei Schokolinsen bei gleichzeitiger Erhöhung der Füllmenge (siehe Grafik).

Auf Anfrage unserer Redaktion erklärten die Unternehmen die Änderungen bei den Füllmengen und Preisen mit höheren Rohstoffkosten, etwa bei Milch (Hofland), mit Ernteausfällen (Alnatura) oder gestiegenen Produktionskosten (Mondelez). Die Molkerei Ehrmann begründete den geringeren Inhalt des Schoko-Puddings mit dem Wunsch der Kunden nach "bedürfnisgerechteren Verpackungsgrößen" sowie einer "Sortimentsharmonisierung" der gesamten Grand-Dessert Produktlinie.

Henkel teilte mit, dass sich die Dosierempfehlung ihres Weichspülers geändert habe. "So reicht die Vernel Soft & Oils-Flasche mit einem Inhalt von 600 ml für 24 Anwendungen und ist damit fast genauso ergiebig wie die zuvor erhältliche Flasche mit einem Inhalt von 750 ml für 25 Waschladungen."

Wie Henkel verweisen die Hersteller darauf, dass die Höhe der Preise von den Einzelhändlern festgelegt werde. Zudem, dass sie die Füllmenge klar kennzeichnen würden.

Eine Kennzeichnung, die dem Kunden anzeigt, ob es Änderungen gab, gebe es in den überwiegenden Fällen jedoch nicht, kritisiert die Verbraucherzentrale.

"Die Verbraucher werden über den Tisch gezogen. Niemand kommt auf die Idee, nachzuschauen, ob sich bei der gewohnten Verpackung der Inhalt oder der Preis geändert hat", sagt Verbraucherschützer Valet.

Er sammelt seit Jahren Beschwerden von Verbrauchern. Nach eigenen Angaben bekommt die Verbraucherzentrale in Hamburg mehr als 1000 Mails pro Jahr, in denen Verbraucher auf Mogelpackungen hinweisen.

Meist bliebe es aber nur bei einer Veröffentlichung dieser Tricksereien, Gerichte befassten sich nur selten mit Mogelverpackungen. Der Grund: Für die Verbraucher sei es schwierig, gegen solche Schummeleien vorzugehen, sagt Valet. Zu hoch seien die Hürden, zu schwammig die Gesetzeslage. "Als Richtwert für die Beurteilung von Verpackungen gilt die 30-Prozent-Grenze für den Luftanteil. Wird dieser überschritten, lässt dies auf eine Luftpackung schließen", heißt es von den Verbraucherschützern.

Bei diesem Richtwert gibt es allerdings auch Ausnahmen. Das zeigt etwa ein Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt aus dem Jahr 2008, auf das sich Hersteller und Gerichte noch heute beziehen.

Dort ging es um eine vermeintlich irreführende Verpackung einer Gewürzmischung. Nach Ansicht der Kläger mache eingeschlossene Luft mehr als 30 Prozent des Verpackungsvolumens aus, daher würden die Verbraucher getäuscht. Die Richter sahen das nicht so. Der Verbraucher könne durch Betasten sofort feststellen, dass die Fertigpackung nicht prall gefüllt sei, sondern auch einen erheblichen Anteil von Luft enthalte. Zudem sei die Füllmenge auf der Verpackung abgedruckt, heißt es im Urteil (Az. 14 U 240/07).

"Der einzige Ansatzpunkt für Verbraucher ist der Gang zum Eichamt, wenn der Verdacht besteht, dass mehr Inhalt als wirklich vorhanden vorgetäuscht wird", sagt Valet. Wegen schwammiger Vorgaben des Gesetzgebers sind aber auch dieser Behörde oft die Hände gebunden. Die Verbraucherschützer sehen daher die Politik am Zug: "Wir fordern eine Plattform im Internet oder als App, in der Hersteller geplante Reduzierungen von Füllmengen vorab aufführen müssen", sagt Valet.

Zudem müsse es eine gesetzliche Regelung geben, die Hersteller dazu verpflichtet, Packungen vollständig zu füllen.

(maxk)
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