Gastbeitrag Ulrich Grillo "Die Wirtschaft muss sich besser erklären"

Der Industrie-Präsident sprach im Industrieclub Düsseldorf über das Thema Verantwortung der Wirtschaft. Wir drucken Auszüge aus der Rede.

Was genau muss die Wirtschaft tun, um wieder mehr Vertrauen aufzubauen? Die Vertrauenskrise beschäftigt uns ja schon länger, nicht erst seit VW. Grundsätzlich müssen wir zunächst einmal, und muss vielleicht auch die Gesellschaft, akzeptieren, dass Manager und Unternehmer heute weitaus mehr Interessen berücksichtigen müssen als früher. Ein weltweit tätiges Unternehmen muss heute auf die mannigfachen Anforderungen aus vielen verschiedenen Ländern und Kulturen achten. Dass die Welt komplexer geworden ist, erschwert die Führung von global tätigen Unternehmen. Die Märkte bewegen sich immer schneller und sind immer volatiler. Neue Akteure treten auf den Plan, in Zeiten des digitalen Wandels reicht ja heute mitunter schon ein kleines Start-up, um einen etablierten, großen Konzern in Bedrängnis zu bringen.

Wichtig ist aber, dass sich Unternehmen der Diskussion stellen - und deutlich machen, welche Anstrengungen sie unternehmen und welchem Druck und welchen Zwängen sie ausgesetzt sind. Vor allem sehe ich die Unternehmensverantwortlichen in der Pflicht. Alle Unternehmer und Manager müssen sich nun fragen: Handeln wir jederzeit so, wie wir es ankündigen? Sagen wir immer, was wir tun? Und tun wir ständig, was wir sagen?

Und wenn auch nur eine Antwort "Nein" lautet, dann muss sich etwas ändern.

Vertrauen jedenfalls kann die Wirtschaft nur durch harte Arbeit, durch Offenheit und verlässliches Tun wieder aufbauen. Das geht nicht über Nacht, aber es ist möglich. Und es ist im Interesse aller. Ein Wegweiser auf dem Weg zu neuem Vertrauen und einer besseren Kommunikation der Wirtschaft mit der Öffentlichkeit und der Politik könnte ein altes Prinzip sein - das des ehrbaren Kaufmanns. Ich habe es angesichts der Vorfälle bei VW jüngst erweitert um das Prinzip des ehrbaren Ingenieurs.

Ich weiß, dass das Bild des ehrbaren Kaufmanns heutzutage oftmals etwas romantisierend eingesetzt wird. Der Kern dieses Prinzips mit seinem klaren Fokus auf Anstand und Respekt, Verantwortung und Rechtschaffenheit hat aber nach wie vor Geltung. Das sind wichtige Tugenden, die unverändert auch heute noch zählen. Wenn die Wirtschaft eine Zukunft als Teil der Gesellschaft haben soll, muss sie zeigen und vorleben, dass die Werte des ehrbaren Kaufmanns auch in den Vorstandsetagen großer Konzerne gelten.

Aber: Der ehrbare Kaufmann und Ingenieur alleine können es nicht richten. Noch viel wichtiger ist eine vernünftige, verlässliche, langfristig angelegte und an gesellschaftlichen also auch den ökonomischen Zielen ausgerichtete Rahmenordnung. Also eine Rahmenordnung, die auch den Bedürfnissen einer global ausgerichteten und im globalen Wettbewerb stehenden Wirtschaft gerecht wird. Diese grundlegende Rahmenordnung bestimmt in allererster Linie über die Moral in unserer sozialen Marktwirtschaft - nicht nur das Verhalten Einzelner.

Unser Bestreben ist es, zum Wohl einer Gesellschaft beizutragen, deren essenzieller Teil wir sind. Mit unseren Leistungen und Ideen, mit unseren Produkten und Innovationen - durch die wiederum Arbeitsplätze entstehen, durch die Menschen Einkommen und Chancen erhalten, mit denen der Staat über die Steuern seine Ausgaben finanziert.

Diese Haltung zu haben und sich diese Ziele auf die Fahnen zu schreiben und sie auch umzusetzen - das ist das Eine. Das Andere ist: Die Wirtschaft muss das alles auch noch stärker in die Öffentlichkeit tragen. Wir müssen uns besser erklären. Auch das ist eine Daueraufgabe!

Wir müssen noch stärker die Debatte und Auseinandersetzung in der Sache suchen. Wir müssen noch vernehmlicher darauf hinweisen, dass Wirtschaft und Gesellschaft ganz eng miteinander verzahnt sind. Es geht dabei aus meiner Sicht gar nicht so sehr darum, das große Engagement der Unternehmen etwa bei der Umsetzung internationaler Leitlinien hervorzuheben. Da sind wir bekanntlich international ganz vorne mit dabei. Sondern es geht vor allem darum, der Gesellschaft zu zeigen: Ohne Unternehmen, ohne Wettbewerb, ohne Marktwirtschaft, ohne Unternehmer und Manager ist eine Gesellschaft wie unsere gar nicht denkbar.

Wir müssen noch stärker deutlich machen, dass Gewinn nicht in irgendeiner Form anstößig ist. Gewinne sind ganz sicher nicht das alleinige Ziel der Wirtschaft. Aber sie sind wichtig und notwendig. Nur mit ausreichenden Gewinnen kann es Investitionen geben. Nur mit Investitionen lassen sich neue Arbeitsplätze schaffen. Und nur mit Arbeit entstehen Einkommen, Chancen und Wohlstand.

Vertrauen lässt sich nur wieder aufbauen, wenn wir offen, transparent und fair diskutieren und unsere Positionen immer wieder darlegen. Wir alle müssen sagen, was wir tun. Und wir alle müssen tun, was wir sagen. Nur dann gehen Menschen wieder stärker in Vorleistung und schenken wieder Vertrauen - der Politik und den Unternehmen.

(RP)
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