Stuttgart/Hannover "Dieselgate" lässt den VW-Chef nicht los

Stuttgart/Hannover · Die Bafin hat Matthias Müller, dessen Vorgänger Martin Winterkorn und Aufsichtsratschef Hans-Dieter Pötsch angezeigt. Es geht um den Verdacht der Kursmanipulation. Die Aktionäre beklagen mangelnde Transparenz.

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelt beim Verdacht von Kursmanipulationen in Porsche-Aktien wegen der Dieselaffäre bei Volkswagen gegen den früheren VW-Chef Martin Winterkorn, dessen Nachfolger Matthias Müller und VW-Aufsichtsratschef Hans-Dieter Pötsch. Ein Sprecher der Ermittlungsbehörde bestätigte eine Anzeige der Finanzaufsicht Bafin, die sich auch gegen Porsche-Vorstand Philipp von Hagen richtet.

Bei den Vorwürfen geht es darum, ob Volkswagen die Anleger früh genug über die Erkenntnisse der US-Umweltbehörden wegen der Manipulation von Abgaswerten bei Millionen Diesel-Fahrzeugen informiert hat. Die Bafin sprach vom Verdacht der "informationsgestützten Marktmanipulation in Porsche-Aktien". Dem Vorwurf der Marktmanipulation geht auch die Staatsanwaltschaft Braunschweig nach. Sie ermittelt bereits gegen Pötsch, Winterkorn und VW-Markenchef Herbert Diess. Ob in Stuttgart gegen alle vier Porsche-Manager ermittelt wird, wollte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft nicht sagen. Ein Porsche-Sprecher erklärte, er habe keine Kenntnis von der Strafanzeige.

Müller und Co. werden "Dieselgate" also nicht los. Bei der Hauptversammlung gestern haben Anteilseigner dem Konzern mangelnde Transparenz vorgeworfen. Der Autobauer lehnt einen ausführlichen Bericht zu den Ermittlungserkenntnissen der Anwaltskanzlei Jones Day zum Abgasskandal aber weiter ab. "Mir ist bewusst, dass sich einige von Ihnen eine noch weitergehende Transparenz wünschen", sagte Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch gestern den versammelten Aktionären. "Einen schriftlichen Abschlussbericht von Jones Day gibt es nicht und wird es auch nicht geben", so Pötsch zu den Erkenntnissen der von VW beauftragten US-Anwaltskanzlei. Der Konzern sei aus rechtlichen Gründen daran gehindert, einen solchen Bericht zu veröffentlichen. Über die gemeinsam mit dem US-Justizministerium veröffentlichte Faktensammlung ("Statement of Facts") hinaus werde es keinen gesonderten Bericht geben.

Die im September 2015 eingeräumten Manipulationen bei Abgastests rund um das gesundheitsschädliche Stickoxid hatten VW in eine tiefe Krise gestürzt. Volkswagen hat für die Kosten des Dieselskandals insgesamt bereits 22,6 Milliarden Euro verbucht. Inzwischen hat Europas größter Autobauer allerdings wieder deutlich Fahrt aufgenommen: Im ersten Quartal verdiente der Konzern vor allem dank starker Geschäfte in Westeuropa deutlich mehr. Unter dem Strich blieben 3,4 Milliarden Euro Gewinn - ein Plus von fast 44 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Der Umsatz stieg um 10,3 Prozent auf 56,2 Milliarden Euro.

Vielen Aktionären geht der Aufklärungswille von VW indes nicht weit genug. "Dass die Ergebnisse immer noch unter Verschluss sind, lässt vermuten, dass sie VW nicht gefallen", sagte Andreas Thomae, Fondsmanager der Sparkassen-Fondsgesellschaft Deka Invest, die auch Musterkläger im Musterverfahren von VW-Aktionären ist. "Ihr Verweis auf das "Statement of Facts" ist inhaltlich unzureichend und nahezu beleidigend", kritisierte Christian Strenger, Experte für ordnungsgemäße Unternehmensführung. Der Veröffentlichung eines Berichts stehe die Faktensammlung nicht entgegen. Pötsch begründete das Vorgehen mit rechtlichen Risiken. Das Unternehmen stehe in der Verpflichtung, sich "nicht in Widerspruch zu den im "Statement of Facts" angegebenen Fakten" zu äußern. Der Konzern wolle daher keine zusätzlichen Ergebnisse veröffentlichen. "Alles andere wäre für Volkswagen unvertretbar riskant", sagte Pötsch. "Wir als Vorstand und Aufsichtsrat von Volkswagen müssen alles tun, um weitere Schäden vom Unternehmen abzuwenden."

(rtr/dpa)
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