Stellvertreter Ingo Kramer soll folgen Dieter Hundt - der ewige Arbeitgeberpräsident

Berlin · Er ist das Gesicht der deutschen Arbeitgeber: Seit 17 Jahren vertritt Dieter Hundt ihre Interessen, erst in Bonn, dann in Berlin. Er ging im Kanzleramt ein und aus. Am Montag gibt er das Amt auf und macht den Weg frei für seinen Nachfolger.

Ein Leben für die BDA
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Egal, ob Helmut Kohl (CDU), Gerhard Schröder (SPD) oder Angela Merkel (CDU) im Kanzleramt das Sagen hatten - Dieter Hundt war ihr Ansprechpartner für die Belange der Arbeitgeber.

Kurz vor seinem Abschied vom Amt als Arbeitgeberpräsident hatte Hundt noch einen besonderen Termin im Berliner Schloss Bellevue. Ihm zu Ehren gibt Bundespräsident Joachim Gauck ein Mittagessen, um seine Verdienste zu würdigen.

Deutschlands wohl bekanntester Wirtschaftslobbyist feierte am 30. September seinen 75. Geburtstag. Nachdem er sich in der Vergangenheit immer wieder breitschlagen ließ, tritt er auf dem Verbandstag der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) in zwei Wochen nun nicht mehr für den Spitzenposten an.

Ingo Kramer soll Hundt folgen

Sein bisheriger Stellvertreter, der 60-jährige Mittelständler Ingo Kramer aus Bremerhaven, soll in Zukunft die tarif-, sozial- und arbeitsmarktpolitischen Interessen der Arbeitgeber bei der Bundesregierung durchsetzen.

Auch Hundt kommt aus dem Mittelstand. Geboren 1938 im schwäbischen Esslingen, studierte er nach dem Abitur in Zürich Maschinenbau. Nach der Promotion arbeitete er zunächst bei AEG im Bereich Kernenergie, nach dem Zusammenschluss der Reaktorbereiche von AEG und Siemens war er Bereichsleiter bei der Kraftwerk Union.

1975 kehrte er zurück in heimische Gefilde: Auf Wunsch der Eigentümer-Familie wurde er geschäftsführender Gesellschafter des Autozulieferers Allgaier Werke in Uhingen, in denen schon sein Vater gearbeitet hatte. Hundt kaufte damals 7,5 Prozent der Firmenanteile, seit Anfang 2013 gehört ihm das Unternehmen zu 100 Prozent. Unter seiner Führung wuchs der Firmenumsatz von 25 Millionen Euro auf 338 Millionen Euro im Jahr.

Wahl zum Präsidenten im Jahr 1996

1996 - der Bundeskanzler hieß noch Helmut Kohl - wurde der schwäbische Unternehmer Hundt zum Arbeitgeberpräsidenten gekürt, obwohl ihn einige Verbandsmitglieder für zu nachgiebig hielten. Denn ein Jahr zuvor hatte er als Vorsitzender des Verbands der Metallindustrie Baden-Württemberg nach langwierigen Verhandlungen einen Metall-Tarifvertrag für den traditionellen Pilotbezirk ausgehandelt, der einigen Unternehmern viel zu weit ging. Sein damaliger Verhandlungspartner: der spätere SPD-Arbeitsminister Walter Riester. Mit dem hatte er 1990 schon die 35-Stunden-Woche vereinbart.

1998 riefen Hundt und Riester zusammen mit Bundeskanzler Schröder und dem damaligen DGB-Chef Dieter Schulte das "Bündnis für Arbeit" zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit aus. Auch dies gilt als Beispiel der von Hundt gelebten Sozialpartnerschaft. 2003 hieß er die Agenda 2010 willkommen, die vom "Genossen der Bosse" - Schröder - verkündet wurde. Die Gewerkschaften, die Hundt eigentlich wegen seiner Kompromissfähigkeit schätzen, liefen gegen diese arbeitgeberfreundliche Reform Sturm.

In der Wirtschaftskrise warb Hundt 2009 bei den Unternehmen für die Kurzarbeiterregelung, die hunderttausende Arbeitnehmer vor der Arbeitslosigkeit bewahrte - und den Unternehmen nach der Krise einen bedeutenden Startvorteil gewährte. Denn dank der von Regierung, Arbeitgebern und Gewerkschaften gemeinsam getragenen Konjunkturprogramme überstand Deutschland die Krisenjahre besser als andere Länder.

Engagement beim VfB Stuttgart

Nach dem Verbandstag des BDA am 19. November wird Hundt nicht mehr in seinen Privatjet steigen, um irgendwo in Deutschland die Interessen der Arbeitgeber zu vertreten. Dann kann der Schwabe mit dem markanten Gesicht und vollem silbergrauen Haar sich mehr Zeit für seine Ehefrau Christina, seine beiden Kinder und seine Enkelkinder nehmen.

Sein ehrenamtliches Engagement im Sport hat der seit frühester Kindheit begeisterte Fußballer bereits im Sommer zurückgeschraubt. Wegen anhaltender Kritik an seiner Amtsführung trat er als Aufsichtsratsvorsitzender des VfB Stuttgart zurück. Auch dieses Amt hatte er elf Jahre inne.

(rpo/AFP)
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