"Digitalisierung ist unser Kerngeschäft"

Das Samstags-Interview mit Olaf Koch (46), dem Vorstandsvorsitzenden der Metro

Düsseldorf Der Metro-Chef äußert sich im Gespräch mit unserer Redaktion über die Perspektiven des Konzerns und die Zukunft im Handel.

Herr Koch, es ist immer wieder über Ihren Abgang bei der Metro spekuliert worden. Spätestens im September müsste über Ihre Vertragsverlängerung entschieden werden. Wie sieht's aus. Machen Sie weiter?

Koch Mir macht die Aufgabe hier große Freude. Der Aufsichtsrat hat mich vor kurzem bis zum März 2022 bestellt. Es ist toll, Teil eines Teams zu sein, das noch eine Menge vorhat.

2022 gibt's die heutige Metro vermutlich schon lange nicht mehr. Denken Sie eigentlich noch konzernweit, oder haben Sie die Aufspaltung im Kopf schon vollzogen?

Koch So lange die Metro Group in ihrer derzeitigen Struktur noch besteht, arbeiten wir selbstverständlich für den gesamten Konzern. Aber natürlich beschäftige ich mich auch intensiv mit der Zeit nach der Trennung in zwei Unternehmen.

Aber mit Blick auf den Aktienkurs müssten Sie froh sein, dass bald Schluss ist mit "Metro alt"? Der Kurs ist in den vergangenen Monaten deutlich nach unten gegangen.

Koch Die Betrachtung ist nicht ganz fair. Zur Wahrheit gehört auch, dass unser Kurs binnen eines Jahres um fast 20 Prozent zugelegt hat. Das Konzept der Aufteilung hat die Investoren überzeugt. Wir sind nicht unzufrieden mit der Entwicklung.

Wenn man Sie reden hört, glaubt man, dass Ihnen im Job nichts so wichtig ist wie Digitalisierung. Wie wichtig ist die für Ihr Kerngeschäft?

Koch Die Digitalisierung gehört zu unserem Kerngeschäft. Wir müssen fortwährend neue Dinge wagen und dabei lernen. Die entscheidende Frage ist: Was erwarten unsere Kunden von uns und wie können wir sie dabei unterstützen, erfolgreicher zu werden? Unsere Aufgabe ist es beispielsweise, Start-ups mit digitalen, innovativen Lösungen und Gastronomen zusammenzubringen. Wir sind Dienstleister und Lösungsanbieter für kleine und mittlere Unternehmen. Die Digitalisierung wird ja auch zunehmend in Gastronomie und Hotellerie wichtiger.

Ein Beispiel?

Koch Stellen Sie sich vor, Sie reservieren für die Mittagspause online einen Tisch im Restaurant, bestellen Ihr Menü online und bezahlen auch vorab online. Wenn Sie dann ankommen, ist Ihr Essen schon fertig. Und wenn Sie gegessen haben, stehen Sie einfach auf und gehen. Das bringt Zeitvorteile für den Gast und den Gastronomen - und könnte irgendwann Standard sein. Start-ups, die relevante Lösungen für die Digitalisierung der Gastronomie wie diese anbieten, sind beispielsweise für uns als Investment attraktiv.

Wie viel investieren Sie da?

Koch Wir wollen nur partizipieren, nicht die Strategie bestimmen. Im Rahmen unserer Accelerator-Programme liegt unser Anteil gemeinsam mit unserem Partner Techstars maximal bei sechs Prozent. Und wir investieren pro Unternehmen gemeinsam bis zu 120.000 Euro.

Rewe-Chef Caparros hat gesagt, der Gedanke an Amazon als Konkurrent im Lebensmittel-Einzelhandel bereite ihm Sorgen. Teilen Sie diese Einschätzung?

Koch Wir beobachten diese Entwicklung sehr genau. Das Thema Belieferung ist auf jeden Fall längst eines für den Großhandel, aber aus unserer Sicht weniger für den Lebensmittel-Einzelhandel.

Real gehört zu Ihrem Aufgabengebiet. Ist das Unternehmen in seiner derzeitigen Verfassung nicht eher ein Hemmschuh für Ihre Wachstumspläne, weil es für Investoren nicht attraktiv ist?

Koch Das SB-Warenhaus-Geschäft ist, das will ich gar nicht verhehlen, eine große Herausforderung. Aber wenn es uns gelingt, das neue Konzept, das wir bei der Markthalle in Krefeld angewandt haben, umzusetzen, dann wird Real Erfolg haben. Das flächenbereinigte Umsatzplus in Krefeld gegenüber dem früheren Standort ist sehr erfreulich.

Was kommt da noch?

Koch Das Food-Lover-Konzept ist ein absoluter Erfolg. Wir werden es weiter ausbauen. Dazu werden wir aber logischerweise einige Feinjustierungen vornehmen. Dafür nehmen wir uns die notwendige Zeit. Die Liste der nächsten Standorte ist aber schon reichlich gefüllt. Eine ganze Reihe von Real-Häusern könnten in den nächsten Jahren als Flaggschiffe ähnlich umgebaut werden.

Überall ist von Fresh Cooking, von besonderem Flair, von Erlebniseinkauf die Rede. Das gibt's anderswo auch. Warum sollte ich zu Real gehen?

Koch Nehmen Sie nur mal die Breite des Angebots. Real bietet bis zu 80.000 Produkte an und damit erheblich mehr als Discounter oder Supermärkte. Unseren Food Court und die Vielfalt der Produkte gibt es aus meiner Sicht in dieser Form nirgendwo sonst in Deutschland.

Die geplante Umrüstung ist teuer. Es soll deutlich mehr Personal auf die Fläche. Wer soll das zahlen?

Koch In der Tat kann das Modell zu den derzeitigen Personalkosten wirtschaftlich nicht funktionieren. Ich habe ja schon mehrfach gesagt, dass der Unterschied zu den Personalkosten einiger Wettbewerber zum Teil bis zu 30 Prozent beträgt. Darum brauchen wir eine faire Vereinbarung mit der Gewerkschaft Verdi, die alle Seiten zufriedenstellt. Wir wollen an der Tarifpartnerschaft festhalten.

Wann gibt es da ein Ergebnis?

Koch Bis März 2018 muss auf jeden Fall eine Lösung stehen . . .

. . . aber so lange können Sie doch nicht mit den notwendigen Investitionen in die Modernisierung warten.

Koch Das tun wir auch nicht, wir werden weiterhin investieren. Im Übrigen setzen wir darauf, dass wir uns am Ende einigen werden.

Und wenn nicht?

Koch Dann müssen wir uns eine andere Lösung überlegen.

Haben Sie denn einen Plan B?

Koch Es wäre verantwortungslos, wenn wir den nicht hätten.

Als Chef von Metro Cash & Carry und Real haben Sie nichts mehr zu tun mit Erich Kellerhals. Sind Sie froh, dass Sie ihn bald los sind?

Koch Das muss man nüchtern und sachlich sehen. Ich habe Herrn Kellerhals immer respektiert, auch wenn das Verhältnis zu ihm immer ein sehr arbeitsintensives gewesen ist. Aber am Ende ist er ein geschätzter Minderheitsgesellschafter einer Vertriebslinie im Metro-Konzern. Nicht mehr und nicht weniger.

Kellerhals und einige andere haben gegen die Aufspaltung der Metro geklagt. Fürchten Sie, das könnte die Teilung verzögern oder gar verhindern?

Koch Nein, wir sind erstens der Meinung, dass die Klagen unbegründet sind. Und zweitens haben wir, um allen Verzögerungen vorzubeugen, beim Oberlandesgericht Düsseldorf ein Freigabeverfahren eingeleitet. Die Aufspaltung soll wie geplant Mitte des Jahres vollzogen werden.

MICHAEL BRÖCKER UND GEORG WINTERS FÜHRTEN DAS INTERVIEW.

(RP)
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