Berlin Dijsselbloem mahnt Deutschland

Berlin · Der niederländische Eurogruppen-Chef kritisiert den früheren Rentenbeginn.

Angesichts der mauen Konjunktur hat der niederländische Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem Deutschland davor gewarnt, sich auf den Lorbeeren der vergangenen Arbeitsmarktreformen auszuruhen. "Deutschland muss wachsam sein, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Man kann nicht selbstzufrieden auf Reformen zurückschauen, die Jahre zurückliegen", sagte der niederländische Finanzminister der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Strukturreformen wie die der Agenda 2010 am Arbeitsmarkt seien "nicht etwas, was man alle zehn oder 20 Jahre macht", mahnte Dijsselbloem kurz vor dem Treffen der Euro-Finanzminister in Luxemburg, das bis morgen dauert.

Während etwa die Krisenstaaten Spanien, Portugal und Irland in den vergangenen Jahren große Reformen durchgesetzt hätten und zu Wachstum zurückgekehrt seien, hätten einige große Länder der Euro-Zone nicht reformiert. "Offensichtliche Beispiele sind Frankreich und Italien. Aber auch Deutschland muss darüber nachdenken, wie es seine Wettbewerbsfähigkeit aufrechterhält", sagte Dijsselbloem. So kritisierte er die durch die große Koalition geschaffene Möglichkeit für einen früheren Beginn der Rente "als eine ganz andere Richtung als in anderen Ländern."

Zugleich wünsche er sich mehr Investitionen in Deutschland in Straßen, die digitale Infrastruktur, in Forschung und Entwicklung oder Bildung, sagte Dijsselbloem. Die Bundesregierung habe dafür fiskalische Spielräume und könne Ausgaben im Haushalt verschieben: "Brüssel verlangt nicht, dass das Budget völlig ausgeglichen ist." Daneben müssten aber auch Rahmenbedingungen für mehr private Investitionen geschaffen werden. Denn diese seien von der Masse her viel wichtiger als öffentliche.

Die in Brüssel kursierende Idee, den Euro-Rettungsfonds ESM zur Investitionsförderung zu nutzen, wies Dijsselbloem zurück. "Der ESM ist nicht als Investitionsfonds, sondern als Kriseninstrument gedacht. Dabei sollte es auch bleiben", so der Niederländer.

Zwei Tage vor Ablauf der Frist für die Vorlage der nationalen Budgetpläne äußerte sich Dijsselbloem besorgt über die defizitäre Haushaltslage Frankreichs. "Die Zahlen, die wir aus Paris hören, sind nicht sehr hoffnungsvoll", sagte er, "es gibt da gewisse Sorgen."

Die Eurostaaten müssen bis Mittwoch ihre Budgetentwürfe für das kommende Jahr bei der Europäischen Kommission zur Überprüfung einreichen. Die französische Regierung hatte bereits angekündigt, erst 2017 und damit zwei Jahre später als zugesagt sein überhöhtes Defizit wieder in den Griff zu bekommen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte, die europäischen Regeln seien dafür da, eingehalten zu werden.

(rtr)
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