Vorschlag der Bundesregierung Dispokredite: Banken sollen früher warnen

Düsseldorf · Die Bundesregierung verlangt, dass die Institute Kunden besser informieren, wenn diese monatelang ihr Girokonto überziehen. Verbraucherschützer kritisieren, an den hohen Strafzinsen werde sich dadurch nichts ändern.

 Banken sollen ihre Kunden künftig früher informieren, wenn diese monatelang ihr Konto überziehen.

Banken sollen ihre Kunden künftig früher informieren, wenn diese monatelang ihr Konto überziehen.

Foto: Foto: Imago/Grafik: dpa, Schnettler

Das Thema ist ein Aufreger, der seit Jahren Bankkunden, Verbraucherschützer und Politiker beschäftigt: hohe Strafzinsen dafür, dass Kunden auf ihrem Girokonto in die Miesen geraten sind. Bei den Dispozinsen, so der Vorwurf, langen Banken und Sparkassen dort unvermindert zu. Nach einer Berechnung von Stiftung Warentest von 2014 verlangen die Geldhäuser im Schnitt mehr als zehn Prozent. Dazu können noch Überziehungszinsen kommen - nämlich dann, wenn auch der eingeräumte Disporahmen überzogen wird. Der Bankkunde zahlt dann schnell 16 Prozent Zinsen und mehr.

Damit das nicht mehr so häufig vorkommt, hat Verbraucherschutz-Minister Heiko Maas (SPD) gestern einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt. Danach sollen die Kreditinstitute verpflichtet werden, ihre Kunden bei einer längerfristigen Überziehung des Kontos auf günstigere Kredite hinzuweisen.

Längerfristig meint: Der Kunde schöpft den von der Bank eingeräumten Dispositionsrahmen, der sich zum Beispiel nach dem eingegangenen Gehalt richtet, über einen Zeitraum von sechs Monaten im Durchschnitt zu 75 Prozent aus. Schon nach drei Monaten muss die Bank aktiv werden, wenn der Dispo überzogen ist und der Kunde in dieser Zeit sein Konto um mehr als 50 Prozent des möglichen Geldeinganges überzieht. Dann muss das Institut den Kontakt mit dem Kunden suchen und ihn über mögliche Alternativen, zum Beispiel Ratenkredite mit sehr viel niedrigeren Zinssätzen, kostenlos informieren. Außerdem müssen Banken und Sparkassen die Höhe ihrer Dispozinsen gut sichtbar auf ihrer Homepage darstellen.

Von Verbraucherschützern kommt Kritik

Verbraucherschützer kritisieren den Gesetzentwurf scharf. "Er ist völlig unzureichend und zudem nicht praktikabel", erklärt ein Sprecher der Verbraucherzentrale Hamburg. So sei die Beratung durch die Geldhäuser aus zwei Gründen problematisch:. Kunden, die für längere Zeit den Dispokredit in Anspruch nähmen oder sogar überzögen, befänden sich oft dauerhaft in einer finanziellen Notlage und hätten viele Schulden. So hätten sie Probleme, sich an ihre Bank zu wenden.

"Die betroffenen Kunden brauchen eine Budget- oder Schuldnerberatung, aber keinen Termin bei der Bank", sagt der Verbraucherschützer. Zudem sehen die Verbraucherzentralen auch auf der anderen Seite, bei den Banken und Sparkassen, ein Problem: "Bankmitarbeiter sollen Kunden von einem für das Unternehmen vorteilhaften Zinssatz zu einem niedrigeren Zinssatz vermitteln. Mit welcher Motivation?"

Die hohen Dispo- und Überziehungszinsen sind in der Tat ein gutes Geschäft für die Banken. Laut Bundesbank-Statistik beträgt deren Volumen bei den privaten Haushalten in Deutschland 38 Milliarden Euro - jeder Deutsche überzieht sein Girokonto durchschnittlich um 463 Euro im Jahr.

SPD: Dispozins soll gedeckelt werden

Auch davon, dass Banken und Sparkassen die Zinsen auf ihren Homepages präsentieren müssen, versprechen sich die Verbraucherschützer nicht viel. Das führe nicht zu mehr Marktdruck, argumentieren sie. Kunden würden bei der Auswahl des Girokontos nicht auf Dispozinsen, sondern eher auf allgemeine Gebühren achten. Und wenn Kunden erst ein Konto bei einer Bank hätten, sei der Wechsel oft aufwendig: "Marktwirtschaftliche Mechanismen, wie bei Strompreisen und Anlagezinsen, funktionieren nicht." Die Verbraucherschützer sind für eine Abschaffung des Überziehungszinses und eine gesetzliche Deckelung der Dispozinsen.

Eine Forderung, die die SPD auch im Bundestagswahlkampf vertrat. Der Dispozins sollte bei acht Prozent über einem europäischen Leitindex gedeckelt werden. In der Koalition mit der CDU, die keinerlei Eingriffe will, musste sie die Position schnell räumen. Die Opposition, die 2014 erfolglos Anträge im Bundestag dazu stellte, kritisiert den Entwurf scharf: "Bankenlobby und Union haben Verbraucherminister Maas weichgeklopft. Leidtragende sind die Verbraucher", sagt Nicole Maisch von den Grünen.

(RP)
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