Mülheim/Ruhr Deal geplatzt - wird Kaiser's zerschlagen?
Mülheim/Ruhr · Nach dem Veto der Wettbewerbshüter gegen die Übernahme durch Edeka bleibt die Zukunft der Märkte unsicher.Die Behörde sieht starke Einschränkungen des Wettbewerbs in ohnehin stark konzentrierten Regionen.
Knapp eine Woche vor Ablauf der Frist ist die Hoffnung auf eine Übernahme der Kaiser's-Tengelmann-Supermärkte durch die Edeka-Gruppe geplatzt. Das Bundeskartellamt hat gestern den Deal verboten und dies damit begründet, dass die Übernahme durch Edeka "zu einer erheblichen Verschlechterung der Wettbewerbsbedingungen auf zahlreichen ohnehin stark konzentrierten regionalen Märkten und Stadtbezirken im Großraum Berlin, in München und Oberbayern sowie in Nordrhein-Westfalen geführt" hätte.
"Mit der Übernahme von Kaiser's Tengelmann wären die Auswahl- und Ausweichmöglichkeiten der Verbraucher vor Ort stark eingeschränkt" worden, erläuterte die Behörde. Für die verbliebenen Wettbewerber wären künftig entsprechende Preiserhöhungsspielräume eröffnet worden, so die Argumentation. Auch das zwischenzeitliche Angebot von Edeka und Tengelmann, etwa 100 Märkte aus dem Paket herauszunehmen und an andere Wettbewerber zu verkaufen, hatte letztlich keinen Erfolg. Das Kartellamt hat offensichtlich darauf gedrängt, dass Tengelmann rund 300 Märkte anderweitig verkauft. Dann wären nur noch rund 150 Märkte für Edeka geblieben. Diese Übernahme-Zahl hätte sich aus Sicht des Hamburger Marktführers im Lebensmittelhandel wohl nicht gelohnt.
Die Zukunft der Kaiser's-Filialen bleibt damit unsicher. Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub hatte im vergangenen Jahr erklärt, der Konzern könne die Supermärkte nicht mehr profitabel betreiben und wolle sich deshalb von ihnen trennen. Die Märkte machten zwar zuletzt etwa 1,8 Milliarden Euro Umsatz, das Unternehmen schreibt aber seit Jahren Verluste.
Jetzt könnte der Kaiser's-Gruppe die Zerschlagung drohen. Nach wie vor sei es "erklärtes Ziel, unser Supermarktunternehmen als Ganzes in andere Hände zu geben und unter allen Umständen eine Zerschlagung und den damit verbundenen Verlust vieler Arbeitsplätze zu vermeiden", teilte Tengelmann auf Anfrage mit. Die Entscheidung der Wettbewerbsbehörde führe "zu größter und vor allem vermeidbarer Unsicherheit bei unseren 16 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern". Die müssten nun um ihren Job bangen, statt sich auf eine sichere Zukunft im Edeka-Konzern verlassen zu können, erklärte Tengelmann. Allerdings dürfte ein Verkauf einzelner Niederlassungen durch Tengelmann nicht unmittelbar bevorstehen. Denn der Vertrag zwischen Edeka und Tengelmann hat noch Bestand.
Das Argument eines drohenden Wegfalls Tausender Arbeitsplätze hat die Wettbewerbshüter natürlich ohnehin nicht beschäftigt, und es wird das auch weiterhin nicht tun. "Ich habe selten einen Fusionsfall gesehen, in dem wir so weit auseinander gelegen haben und die Chancen so gering waren, zusammenzukommen", sagte Kartellamts-Präsident Andreas Mundt gestern in Bonn. Die Aussage ist an Deutlichkeit kaum zu überbieten.
Gleichzeitig ist mit der Entscheidung der Behörde der Fall aber auch noch nicht vom Tisch. Erstens könnten Tengelmann und Edeka versuchen, ihren Plan über eine Ministererlaubnis gegen den Willen des Kartellamtes durchzudrücken. Der entscheidende Mann wäre in diesem Fall Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), der dem aber gegenwärtig nicht besonders offen gegenübersteht. "Eine Ministererlaubnis steht für uns nicht zur Debatte", sagte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums und ergänzte, die Unternehmen müssten selbst entscheiden, ob sie gegen die Entscheidung des Kartellamtes klagen wollten. Die Unternehmen wollten sich zu dem Punkt gestern nicht äußern.
Wenn der Minister nicht will, bleibt tatsächlich nur noch der Weg zum Gericht. Genauer gesagt, zum Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf. Dort müsste die Klage innerhalb von einem Monat nach Zugang des Beschlusses eingereicht werden. Faktisch haben die Edeka- und Tengelmann-Juristen jetzt also bis Ende April Zeit, den rund 350 Seiten starken Beschluss des Kartellamtes auf mögliche Ansatzpunkte für ein juristisches Vorgehen zu durchleuchten. Dem OLG liegt bereits eine Klage vor, weil die Kartellwächter vor einiger Zeit bereits die Absicht von Edeka und Tengelmann, gemeinsam einzukaufen, abgelehnt hatten.
Ein Verfahren vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf könnte sich über Jahre hinziehen, ehe eine Entscheidung fällt. Darauf werden weder die Edeka-Gruppe noch der Tengelmann-Konzern warten wollen.