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Märkte zweifeln am Rettungsfonds EFSF-Chef drängt Italien zur Eile

München · Die Krise in Italien überfordert den Euro-Rettungsschirm EFSF. Die Euro-Länder geraten wieder unter Zugzwang. Sie wollen den Rettungsfonds daher schnell finanziell aufrüsten. Die Schlüsselposition in der Euro-Krise nehmen jedoch Italien und seine kommende Regierung ein. EFSF-Chef Klaus Regling drückt aufs Tempo.

 Klaus Regling macht Druck. Italien und seine Politik sollen schnell Reformerfolge vorweisen können, um die Märkte zu beruhigen.

Klaus Regling macht Druck. Italien und seine Politik sollen schnell Reformerfolge vorweisen können, um die Märkte zu beruhigen.

Foto: afp, PETER PARKS

So muss sich Italien nach Darstellung des EFSF-Chefs schnellstmöglich mit einer funktionierenden Regierung gegen die Schuldenkrise stemmen. "Italien läuft die Zeit davon, um die Märkte zu beruhigen", sagte Regling der "Süddeutschen Zeitung". Die Zinsen für neue Schulden hatten die kritische Marke von sieben Prozent am Mittwoch überschritten und bewegen sich immer noch im kritischen Bereich.

 Der ehemalige EU-Kommissar und Wirtschaftsexperte Mario Monti gilt als erster Kandidat für die Nachfolge Berlusconis.

Der ehemalige EU-Kommissar und Wirtschaftsexperte Mario Monti gilt als erster Kandidat für die Nachfolge Berlusconis.

Foto: dapd

Am frühen Nachmittag machte das Land den ersten notwendigen Schritt gegen die Krise. Der Senat billigte ein erstes Spar- und Reformpaket. Das Oberhaus stimmte am Freitag mit einer großen Mehrheit von 156 zu 12 Stimmen einem von der Regierung vorgelegten Paket zu, das unter anderem den Verkauf von Staatseigentum, den Abbau von Bürokratie- und Wettbewerbshindernissen und die leichtere Schaffung von Jobs vorsieht. Damit ist der Weg frei für die endgültige Verabschiedung der Maßnahmen durch das Abgeordnetenhaus am Samstag.

Das Maßnahmenbündel soll die Staatsschulden reduzieren und das Wirtschaftswachstum fördern. Zudem soll es den Reformwillen des Landes beweisen und damit das angeschlagene Vertrauen in die Regierung wieder herstellen.

Italien muss handeln. Auf Dauer würden die Zinsen ihm sonst das Genick brechen. Je mehr Italien für frisches Geld ausgeben muss, desto rascher wachsen die staatlichen Defizite. Das lässt nicht nur den Schuldenberg wachsen, sondern auch die Chancen, das wirtschaftliche Wachstum anzukurbeln.

"Wir sind bereit"

Schon wieder steht das Wasser den Europäern bis zum Hals. Es braucht eine Lösung, die es ermöglicht, Italien schnell die Zinsen zu verbilligen, bis der Staatshaushalt in Rom in Ordnung gebracht ist. Neue Krisentreffen der Euro- und EU-Finanzminister sind wahrscheinlich, vielleicht auch ein neuer Gipfel der Staats- und Regierungschefs.

Der Abwehrschirm stehe bereit, um Italien bei einem entsprechenden Antrag an die Euro-Gruppe zu helfen, ergänzte Regling. "Wenn ein Land kommt und sagt, es braucht sofort Hilfe, dann sind wir bereit.”

Italien muss sich selber helfen

Doch letztenendes muss Italien sich selbst aus dem Sumpf ziehen. Nur wenn Rom bald Reformen auf den Weg bringt (etwa die Erhöhung des Rentenalters von derzeit 65 auf 67 Jahre, Privatisierungen staatlicher Unternehmen und Beteiligungen sowie die Lockerung des Kündigungsschutzes), könnte es Glaubwürdigkeit zurückgewinnen.

Kippt die drittgrößte Volkswirtschaft des Währungsraums, wäre es rasch vorbei mit dem Euro. Das Abenteuer der gemeinsamen Währung von 17 souveränen europäischen Staaten wäre gescheitert. Italiens Schuldenberg ist mit 1900 Milliarden Euro einfach zu groß, als dass eine Rettung von außen im Falle des drohenden Staatsbankrotts glaubhaft dargestellt werden könnte.

Monti, der Hoffnungsträger

Am Freitagmorgen beruhigten sich zumindest vorübergehend die Märkte. Der Dax gewann bis zum Vormittag 0,7 Prozent auf 5909 Punkte. Die Hoffnungen fußen auf der Favoritenstellung von Mario Monti für die Nachfolge Berlusconis. Die fachliche Expertise und parteipolitische Unabhängigkeit des Wirtschaftsprofessors gilt als genau, das was Italien jetzt wieder auf die Beine helfen kann.

Am Freitag stimmt der italienische Senat über das Sparpaket ab, am Samstag soll dann das Abgeordnetenhaus folgen. Noch-Regierungschef Silvio Berlusconi hat seinen Rücktritt an die Verabschiedung der Pläne geknüpft. Die Renditen der zehnjährigen italienischen Papiere lagen am Mittwoch wieder bei 6,740 Prozent - unterhalb der kritischen Schwelle .

Märkte misstrauisch

"Im Moment sieht es nach Entspannung aus. Das kann aber bei der momentanen Lage sehr schnell wieder anders aussehen", brachte ein Händler die Stimmung auf den Punkt. Die Erwartungen sind nicht eben berauschend. Die EU-Kommission geht davon aus, dass die drittgrößte Volkswirtschaft Europas 2012 noch nicht auf die Beine kommen. Erst für 2013 ist ein augeglichener Haushalt angekündigt.

Beim nächsten Rückschlag können sich die Vorzeichen wieder komplett umdrehen. Das wissen auch die Euro-Retter. Der EFSF werde noch im Dezember neue, kurzfristig laufende Anleihen verkaufen, um für Notfälle gerüstet zu sein, sagte Regling im SZ-Interview. Zudem sei der EFSF bereit, Italien zu helfen. "Wenn ein Land kommt und sagt, es braucht sofort Hilfe, dann sind wir bereit", sagte Regling. Der EFSF könne derzeit noch 250 bis 300 Milliarden Euro an Krediten vergeben.

Zwischen Skylla und Charyidis

Schon in den vergangenen Tagen hatte sich offenbart, dass der EFSF nicht das Volumen besitzt, um auch einen wirtschaftliche Riesen wie Italien abzusichern. Auf dem Eurogipfel in Brüssel war noch Ende Oktober beschlossen worden, durch einen Kredithebel die Schlagkraft des Fonds auf eine Million Euro zu erhöhen. Doch die potenziellen Investoren schreckten davor zurück, europäische Werte zu kaufen.

Alternativen stehen derzeit nicht zur Verfügung. Neben dem Euro-Rettungsschirm wären das lediglich weitere Anleihekäufe durch die Europäische Zentralbank (EZB) oder Euro-Bonds. Beide Optionen sind politisch umstritten und stoßen vor allem auf deutschen Widerstand. Doch auch hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Sicher ist nur: Einen Zusammenbruch der drittgrößten Volkswirtschaft Europas, eines G-7-Landes, kann sich niemand leisten. Schon gar nicht Deutschland, für das das Land jenseits der Alpen ein riesiger Markt ist.

(APD/RTR/AFP)
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