Redmond "Ein Computer auf jedem Schreibtisch"

Redmond · Heute vor 40 Jahren wurde Microsoft gegründet. In seiner bewegten Geschichte stieg das Unternehmen zum wichtigsten Softwarekonzern auf. Doch zuletzt verschlief das Management wichtige Trends. Das soll sich ändern.

Am Anfang der Geschichte des weltgrößten IT-Konzerns steht die Freundschaft zweier US-Schüler, die eines teilen: ihre Begeisterung für Computer. William Henry Gates III., genannt Bill, und der zwei Jahre ältere Paul Gardner Allen zogen es Ende der 60er Jahre vor, statt in den Klassenzimmern der renommierten Lakeside Privatschule in Seattle zu büffeln, den Unterricht zu schwänzen und sich in den Computerraum zu stehlen. Die Technikbegeisterung sollte nicht zu ihrem Nachteil sein.

Am 4. April 1975 gründeten die Freunde in Albuquerque (New Mexiko) ihre erste Firma, damals noch unter dem Namen Micro-Soft. Der 19-jährige Gates hatte zu diesem Zeitpunkt sein Harvard-Studium hingeworfen und übernahm den Chefposten. Ursprünglich sollte die Firma Verkehrsdaten analysieren, doch dann kam den beiden Männern die Idee, die sie berühmt und reich machen sollte: Auf der Titelseite der Januar-Ausgabe des "Popular Electronics" war der Microcomputer Altair 8800 abgebildet. "Erregt lasen wir von dem ersten echten Personal Computer, und obwohl wir noch keine genaue Vorstellung davon hatten, wozu er zu gebrauchen wäre, war uns doch schon bald klar, dass er uns und die Welt des Computings verändern würde", schrieb Gates 20 Jahre später. "Wir sollten Recht behalten. Die Revolution ist eingetreten, und sie hat das Leben von Millionen Menschen verändert."

Vor allem Gates erkannte, dass Hardware und Software, die bis dahin nur im Paket angeboten wurden, getrennt werden könnten. Zufällig bekamen sie 1980 einen Großauftrag von IBM. Sie sollten den ersten IBM-PC mit einer System-Software bestücken. Mit MS-DOS legten sie das Fundament für den Aufstieg von Microsoft und begründeten damit die Software-Industrie. 1983 schied Allen wegen einer Krebserkrankung aus - und widmete sich fortan vor allem seinem Hobby: dem Sponsoring von Sportteams. Nachfolger wurde Steve Ballmer, Typ bulliger Manager, mehr Verkaufstalent als Techniker.

Das Duo Gates/Ballmer brachte "einen PC auf jeden Schreibtisch", mit Windows 95 schafften sie das erfolgreichste Betriebssystem ihrer Zeit. Der Nachfolger XP wurde zum langlebigsten Betriebssystem. Doch beim Aufstieg zum größten Software-Konzern der Welt unterliefen Gates und Ballmer auch Fehler. Sie erkannten etwa nicht, welche Rolle das offene Web spielen würde. Begann hier bereits die Karriere als Windows-Dinosaurier, wie der Konzern boshaft bezeichnet wird?

Gates, dessen Vermögen auf 78 Milliarden Dollar geschätzt wird, zog sich 2000 vom operativen Geschäft zurück und konzentrierte sich fortan auf die mit seiner Frau Melinda gegründet Stiftung. Deren Ziel ist vor allem die Bekämpfung von Krankheiten wie Malaria und Aids.

Das Verkaufstalent Ballmer führte den Konzern allein weiter - und musste mit ansehen, wie Konkurrenten wie Apple, Google und Facebook immer bedeutender wurden. Der Versuch, eine erfolgreiche Suchmaschine zu etablieren, gelang dem Konzern bis heute nicht. Die Plattform Bing führt allenfalls ein Nischendasein und bescherte dem Unternehmen vor allem Verluste.

Dass Microsoft zuletzt kein Gespür für aufstrebende Trends besaß, zeigt beispielhaft ein Youtube-Video von Ballmer aus dem Jahr 2007: Darauf lacht er sich herzhaft über das erste iPhone kaputt. Das Lachen dürfte ihm angesichts des bahnbrechenden Erfolgs vergangen sein. 2013 schied er aus.

Während sich heute Apple und Google mit seinem Android-System das Smartphone- und Tablet-Geschäft aufteilen, muss sich Microsoft auf die klassischen Einnahmequellen durch seine Software stützen. Um den Anschluss nicht zu verlieren, schenkt sich Microsoft zum Geburtstag einen Imagewandel. Der neue Konzernchef Satya Nadella hat einen Kurswechsel angeordnet: weg von den alten Software-Produkten, hin zu Cloud-Diensten und dem neuen Windows 10. Zum 40. Geburtstag herrscht in Redmond demonstrative Aufbruchstimmung.

(RP)
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