Düsseldorf Eon trauert um Ulrich Hartmann

Düsseldorf · Der frühere Vorstands-Chef ist im Alter von 75 Jahren gestorben. Er hatte den Mischkonzern Veba zum größten privaten Energie-Riesen Europas umgebaut. Sein Husarenstück war die Ruhrgas-Übernahme, seine Leidenschaft die Kunst.

Der Eon-Konzern verliert seinen Gründervater: Ulrich Hartmann ist gestern im Alter von 75 Jahren gestorben, wie das Unternehmen mitteilte. Er war seit längerem krank und starb im Kreise seiner Familie in Düsseldorf. "Wir trauern um Ulrich Hartmann, der wie kein anderer die erfolgreiche Entwicklung unseres Unternehmens geprägt hat", sagte Werner Wenning, Aufsichtsrats-Chef des Düsseldorfer Konzerns.

Ulrich Hartmann stammt aus großbürgerlichem Haus und kennt die Energiebranche von klein auf. Von klein auf erlebte er auch, wie politisch das Energiegeschäft ist. Sein Vater Alfred war Staatssekretär im Bundesfinanzministerium und hatte später als Chef des Veba-Konzerns an dessen Privatisierung mitgewirkt. Dessen Werk vollendete der Sohn, als er Veba durch die Fusion mit Viag im Jahr 2000 zum größten privaten Energiekonzern Europas umbaute.

Der Jurist Ulrich Hartmann startete 1973 seine Karriere dort, wo viele Energie-Karrieren begannen: bei den Veba Kraftwerken im grauen Gelsenkirchen. 1989 wurde er Finanzchef. Als Veba-Chef Klaus Piltz 1993 bei einem Lawinenunglück in Tirol ums Leben kam, war Hartmann sein logischer Nachfolger.

Als 1998 der deutsche Energiemarkt liberalisiert wurde, nutzte Hartmann die Chancen – auch, um die Macht des Konzerns auszubauen. Lange hatte RWE den deutschen Strommarkt dominiert. Unter Hartmann überflügelten die Düsseldorfer den Essener Konkurrenten. Hartmann fusionierte Veba und den bayerischen Versorger Viag zum neuen Riesen mit dem Kunstnamen Eon. Veba und Viag waren damals Gemischtwarenläden; Hartmann stieß alles ab, was nicht Energiegeschäft war: den Chemiekonzern Degussa, den Logistikkonzern Stinnes, den Stahlhändler Klöckner & Co, die Wohnungsgesellschaft Viterra.

Um den Traum vom integrierten Energiekonzern perfekt zu machen, machte sich Hartmann 2001 daran, die Ruhrgas zu übernehmen. Der Ferngas-Riese galt wegen seines unübersichtlichen Eigentümer-Geflechts als uneinnehmbar, bis der Jurist Hartmann kam. Ein anderthalbjähriger Poker begann, Politik, Aktionäre, Wettbewerbshüter – immer neue Hürden tauchten auf. Am Ende obsiegte Hartmann: Mit einer umstrittenen Ministererlaubnis gelang die Übernahme und Hartmann ein "Husaren-Stück" (so der frühere Ruhrgas-Chef Klaus Liesen). Hartmann kaufte in ganz Europa zu. In einem beispiellosen Umbau bewegte er 100 Milliarden Euro.

Die Aktionäre waren begeistert. Hartmann galt als einer der ersten deutschen Manager, die sich konsequent am Shareholder Value orientierten. In seinen zehn Jahren als Vorstands-Chef hatte sich der Wert der Veba-Aktie fast verzehnfacht. Der Konzern dankte auf seine Weise: 2011 weihte Eon im bayerischen Irsching das modernste Gaskraftwerk der Welt ein und nannte es "Kraftwerk Ulrich Hartmann".

Es lag nicht an Hartmann, dass sich seitdem manches von seinem Lebenswerk auflöste. Seit Fukushima und der deutschen Energiewende ist in der Branche nichts mehr, wie es war. Eon ist auf einem harten Schrumpfkurs, das Gasnetz und viele Töchter wurden verkauft, die Ruhrgas wurde von der Handelsabteilung aufgesogen und ist Geschichte. Aus dem Energie-Riesen Europas wurde einer der Not leidenden deutschen Versorger.

Hartmann begleitete "seinen" Konzern noch lange als Aufsichtsrats-Chef. Und bis 2013 kam er als Privatmann, obgleich bereits an der Parkinson'schen Krankheit leidend, noch zu den Hauptversammlungen in die Essener Grugahalle.

Hartmann kontrollierte auch viele andere Konzerne. Schlagzeilen machte er als Aufsichtsrats-Chef der Bank IKB, die 2008 vom Steuerzahler gerettet werden musste. Wenig Freude machten ihm auch die Ränkespiele rund um die RAG-Stiftung, deren Kuratorium er führte.

Ganz anders die Kunst, für sie sich Hartmann Zeit seines Lebens engagierte. Nicht von ungefähr fördert Eon das Düsseldorfer Museum Kunstpalast, in dessen Nachbarschaft die Eon-Zentrale liegt.

Hartmann hinterlässt eine Frau, zwei Kinder und vier Enkel. "Wir werden ihm ein von großer Dankbarkeit geprägtes Andenken bewahren", sagte Eon-Chef Johannes Teyssen. Im Konzern liegen Kondolenzbücher aus, in Kürze soll es in Düsseldorf eine Gedenkfeier geben.

(RP)
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