Düsseldorf Ergo-Chef Oletzky geht zum Jahresende

Düsseldorf · Überraschend gibt der Vorstandsvorsitzende des Düsseldorfer Versicherungskonzerns sein Amt auf. Er selbst habe den Entschluss gefasst, schreibt Oletzky an die Belegschaft. Sein Nachfolger kommt vom Branchenprimus Allianz.

Gut zwei Jahre liegt die Vertragsverlängerung von Torsten Oletzky als Vorstandschef des Versicherungskonzerns Ergo zurück. Damals hatte das Unternehmen endlich die Wogen geglättet, die durch die Affäre um die Lustreisen von Ergo-Vertriebsmitarbeitern nach Budapest Jahre zuvor entstanden waren. Oletzkys Vertrag war bis Ende 2018 verlängert worden. Alles war gut.

Bis gestern Abend. Da wurde bekannt, dass der Spitzenmanager nach 16 Monaten überraschend das Feld räumt. Er scheide auf eigenen Wunsch, aus persönlichen Gründen und im besten Einvernehmen zum 31. Dezember 2015 aus dem Vorstand aus, teilte das Unternehmen gestern Abend mit. Der Nachfolger steht schon fest. Er heißt Markus Rieß, ist 49 Jahre alt und kommt vom Branchenführer Allianz an den Rhein. Rieß tritt seinen Dienst schon zum 1. Oktober an, so dass eine dreimonatige Übergabe möglich wird. Der Neue, seit fünf Jahren Chef der Allianz Deutschland, zieht auch in den Vorstand der Ergo-Konzernmutter Munich Re ein - was dem neun Monate jüngeren Oletzky stets verwehrt blieb.

Über dessen Motive kann man nur spekulieren. Er habe eine Auszeit nehmen wollen, heißt es im Umfeld der Ergo. Keinesfalls habe es Verwerfungen mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden Nikolaus von Bomhard gegeben. Zu solchen Darstellungen passt Oletzkys Schreiben an die Mitarbeiter im Intranet des Versicherers: "Wer jetzt wissen möchte, was ich denn danach machen werde, den muss ich leider enttäuschen. Langfristige Zukunftspläne habe ich bewusst keine gemacht. Sicher bin ich mir nur, dass ich mir erst einmal deutlich mehr Zeit für das Private nehmen werde, das in den vielen Jahren im Vorstand zwangsläufig manches Mal zu kurz gekommen ist. Was dann kommt, werden wir sehen."

Oletzky ist seit mehr als eineinhalb Jahrzehnten für die Ergo tätig, davon sieben Jahre lang als ihr Chef. In seine Zeit fiel nicht nur das Bekanntwerden des Budapest-Skandals (an dem Oletzky keine Schuld trug, der dem Konzern aber wegen der zunächst zögerlichen Aufarbeitung viel Kritik einbrachte), sondern auch der Umbau des Konzerns. Dieser sorgte nicht nur für ein Ende der Markenvielfalt (Hamburg-Mannheimer, Victoria), sondern auch für große öffentliche Aufmerksamkeit. Die millionenschwere Kampagne "Versichern heißt verstehen" sollte klar machen, dass Ergo künftig für Kundennähe und Transparenz stehen will. Einher gingen mit dem Umbau jedoch auch drastische Stellenstreichungen im Vertrieb. Damit zog sich der Manager den Zorn von Arbeitnehmer-Vertretern im Aufsichtsrat zu, die anschließend versuchten, seine Vertragsverlängerung zu verhindern - erfolglos.

"Natürlich hätte man am liebsten alle Probleme gelöst, wenn man eine Aufgabe an den Nachfolger übergibt. Das ist aber einfach unrealistisch. Wichtig ist, dass wir unsere Strategie für die nächsten Jahre im Management gemeinsam festgelegt und mit den Betriebsräten Planungssicherheit für die Mitarbeiter geschaffen haben. Persönlich glaube ich daher, dass jetzt ein guter Zeitpunkt ist, loszulassen und den Weg für einen Nachfolger frei zu machen", erklärt Oletzky in dem internen Schreiben.

Sein Nachfolger Rieß war nach Angaben der Allianz beim größten deutschen Versicherer auch im Gespräch für die Nachfolge von Michael Diekmann als Allianz-Chef gewesen. Den Posten übernimmt indes nach der Hauptversammlung am 7. Mai Oliver Bäte. Ob Rieß deswegen nun aus Frust den Konzern verlässt und eine andere Aufgabe suchte, bleibt einstweilen offen. Die Allianz teilte lediglich mit, das Vorstandsmandat von Rieß werde "im gegenseitigen Einvernehmen und entsprechend seiner Bitte" beendet.

(RP)
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