Düsseldorf Ergo verabschiedet sich von der klassischen Lebensversicherung

Düsseldorf · Mit Ergo verabschiedet sich ein weiterer großer Lebensversicherer in Deutschland von Policen mit lebenslangen Garantien. "Wir werden die klassischen Produkte zum Jahresende für das Neugeschäft weitgehend schließen", sagte der für das Lebens- und Krankenversicherungsgeschäft zuständige Vorstand Clemens Muth der "Süddeutschen Zeitung". Diese Policen seien für Ergo unprofitabel, so Muth.

Der Versicherer leidet in der Niedrigzinsphase wie alle Unternehmen der Branche darunter, dass er den Kunden nur noch eine geringe Verzinsung versprechen darf (derzeit bei Neuverträgen maximal 1,25 Prozent). Für ältere Verträge wird eine höhere Verzinsung gezahlt, aber die können die Lebensversicherer derzeit an den Kapitalmärkten kaum noch erwirtschaften. Jüngst sagte die Deutsche Bundesbank deshalb Anbietern ernsthafte Probleme voraus - ohne allerdings Namen zu nennen.

Ergo-Vertreter sollten künftig nur noch Lebensversicherungen verkaufen, die sich stärker an der Entwicklung der Kapitalmärkte orientieren. Der Effekt daraus: Kunden bekommen nur noch dann eine höhere Verzinsung, wenn der Versicherer selbst auch entsprechend Geld an den Kapitalmärkten verdienen kann.

Ergo, das dem weltgrößten Rückversicherer Munich Re gehört und früher Produkte auch unter den Namen der damaligen Konzernmarken Hamburg-Mannheimer und Victoria verkaufte, ist gegenwärtig die Nummer fünf unter den deutschen Lebensversicherern. Die jährlichen Überschussbeteiligungen der Ergo-Versicherungen lagen in den vergangenen Jahren am unteren Ende der Rangliste in Deutschland.

Vorstandsmitglied Muth kritisierte die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB): "Es ist nicht die Kernaufgabe eines Lebensversicherers, die Zinsrisiken der Politik der EZB in seiner Bilanz aufzufangen", sagte der Manager in dem Interview. Lebenslange Garantien werde Ergo nur noch bei Sofort-Renten anbieten, bei denen Kunden große Summen angesparten Geldes auf einmal einzahlten.

Ergo war eines der ersten Unternehmen in Deutschland, das Policen ohne lebenslange Garantien eingeführt hatte, die bisher zusätzlich zu den klassischen Produkten angeboten wurden. Mit dem Komplettausstieg folgt das Düsseldorfer Unternehmen dem Beispiel von Konkurrenten wie Zurich, Generali und Talanx. Die Versicherungs-Anbieter reagieren damit auf die schärfere Regulierung ("Solvency II"), nach der sie für langfristige Garantien gegenüber Kunden mehr Eigenkapital zurücklegen müssen. Der unangefochtene Marktführer Allianz Leben bietet noch beide Varianten gleichzeitig an, setzt aber darauf, dass die Kunden verstärkt zu den renditestärkeren kapitalmarktnahen Produkten greifen.

(gw/rtr)
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