Düsseldorf Erste Annäherungen im Bahn-Tarifkonflikt

Düsseldorf · Obwohl das Management offenbar nicht die zentrale Forderung der EVG nach einem Sockelbetrag erfüllen will, verzichtet die Gewerkschaft vorerst auf Arbeitskämpfe. Auch die GDL setzt nun verstärkt auf Verhandlungen.

Das Management der Deutschen Bahn hat sich gestern zu getrennten Tarifverhandlungen mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) getroffen. Personalvorstand Ulrich Weber hatte vor den Gesprächen erklärt, er rechne nicht mit einem schnellen Ergebnis. Wie auch? Die Bahn hatte beiden Gewerkschaften erst am späten Donnerstagnachmittag einen mehrere hundert Seiten starken Ordner mit ihrem Angebot übermittelt.

Warum ist das Bahn-Angebot so umfangreich?

Ziel der Bahn ist es, zu deckungsgleichen Tarifverträgen mit EVG und GDL zu gelangen. Wie das gelingen soll, ist unklar. "Die Bahn will die gesamte Tarifstruktur neu fassen", erklärte ein EVG-Sprecher. Bereits nach einer Stunde waren die Gespräche mit der EVG deshalb wieder vorbei. "Unsere Tarifexperten hatten wenig Zeit, sich in das umfangreiche Werk einzuarbeiten."

Ist die Bahn auf Forderungen der EVG eingegangen?

"Das heute vorgelegte erste Angebot einer Tariferhöhung entspricht in keiner Weise unseren Forderungen", sagte EVG-Verhandlungsführerin Regina Rusch-Ziemba. Die EVG verlangt sechs Prozent mehr Lohn, mindestens jedoch 150 Euro mehr im Monat. Mit einem solchen Sockelbetrag werden die unteren Einkommensgruppen im Vergleich zu den besser bezahlten Kollegen überproportional bessergestellt. Statt des Sockelbetrags habe die Bahn eine Einmalzahlung angeboten, so Rusch-Ziemba.

Wie geht es bei der EVG weiter?

EVG und Bahn vertagten sich auf den 12. Dezember. Doch dass dieses Treffen schon zum Durchbruch führen wird, ist fragwürdig: "Als das letzte Mal das Tarifsystem derart radikal aufgeschnürt wurde, zogen sich die Verhandlungen Monate hin", so der EVG-Sprecher.

Was bedeutet das für EVG-Streiks?

Am 3. Dezember tritt die EVG-Tarifkommission zusammen, um darüber zu entscheiden, ob das Bahn-Angebot "als Verhandlungsmasse akzeptiert wird". Bis dahin seien Streiks kein Thema, so der Sprecher. Noch vor wenigen Tagen hatte EVG-Chef Alexander Kirchner mit Streiks gedroht, sollte die Bahn seiner Gewerkschaft nicht substanziell entgegenkommen. Entscheidet sich die EVG weiterzuverhandeln, wären Streiks erst einmal vom Tisch.

Wie entschied die GDL?

Die GDL vollführte gestern eine bemerkenswerte Wende. Zunächst hatte sich GDL-Chef Claus Weselsky sehr kämpferisch vor die Mikrofone gestellt und erklärt, die Bahn habe wieder nicht alle Berufsgruppen mit GDL-Vertretung berücksichtigt Das Angebot mit einen Umfang von 598 Seiten nannte er lakonisch ,598 Seiten nichts'". Wer deshalb erwartet hatte, die Verhandlungen würden ähnlich schnell beendet werden wie zuvor bei der EVG, irrte gewaltig. Für mehrere Stunden verschwanden die Verhandlungsteilnehmer hinter verschlossenen Türen. Als sich die Türen öffneten, war klar: Die GDL will weiter verhandeln und vorerst nicht mehr streiken.

Wie geht es bei der GDL weiter?

Schon am kommenden Freitag wollen sich Bahn und GDL wieder zu Gesprächen treffen. "Wir haben damit gezeigt, dass es uns nicht um den Streik an sich geht", erklärte Weselsky.

Wie reagierte die Bahn auf die neue Entwicklung?

Die Bahn hatte der GDL ein Angebot vorgelegt, das neben den Lokführern nunmehr auch die Zugbegleiter umfasste, nicht aber weitere Berufsgruppen wie Bordgastronomen oder Disponenten. Dies sei nun Sache weiterer Verhandlungen, sagte Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber. Er sei weiterhin optimistisch, einheitliche Abschlüsse mit beiden Gewerkschaften erreichen zu können. "Wir sind da sehr transparent", sagte der Bahn-Manager.

(RP)
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