Brüssel EU-Plan für Abfallrichtlinie erzürnt Handwerk

Brüssel · Schon für das Befördern einer defekten Leuchtstoffröhre müssten Firmen einen Antrag stellen.

Wenn die Pläne der EU für neue Abfallgesetze nicht noch geändert werden, droht dem Handwerk Ungemach: Bevor Handwerker künftig mit firmeneigenen Fahrzeugen Farbreste mit Lösungsmitteln, ölhaltige Lappen oder FCKW-haltige Kältemittel aus gewarteten Klimaanlagen abtransportieren, müssten sie dies den Behörden anzeigen. Selbst in geringen Mengen, wie sie bei Handwerksarbeiten immer wieder anfallen, gelten diese Stoffe als "gefährlicher Abfall". Dies sehen die Pläne der EU für eine Reform der Abfallrichtlinie vor. Heftige Kritik übte Holger Schwannecke, Generalsekretär des Handwerks: "Das macht keinen Sinn." Er forderte, Handwerksbetrieben den Transport einer geringen Menge gefährlicher Abfälle anzeigenfrei zu gestatten. Eine entsprechende Regelung in Deutschland, wonach bis zu zwei Tonnen im Jahr möglich sind, habe sich bewährt und "sollte auf die europäische Ebene übertragen werden".

Die EU zielt mit der Richtlinie vor allem auf die Firmen der Entsorgungswirtschaft. Schärfere Regeln sollen dafür sorgen, dass künftig mehr Rohstoffe aus dem Müll für die Wiederverwertung gewonnen werden. Handwerksbetriebe waren bei der Formulierung der Gesetzestexte gar nicht im Fokus. Sie wären aber betroffen. Die EU sieht keine Schwellenwerte bei den Regelungen zu den gefährlichen Abfällen vor. Schon ein Friseur, der eine defekte Leuchtstoffröhre in seinem Laden demontiert und zum Recyclinghof bringen will, dürfte dies streng genommen nicht mehr. In der Röhre sind geringe Mengen von Quecksilber enthalten.

Um seiner Pflicht zur Anzeige nachzukommen, müsste ein Unternehmen ein drei- bis vierseitiges Formular bei der Abfallwirtschaftsbehörde ausfüllen. Das kostet zwischen 50 und 150 Euro. Damit ist es aber womöglich nicht getan: Die Behörde könnte die Handwerker zum Besuch eines eintägigen Fachkundelehrgangs sowie zum Beibringen eines polizeilichen Führungszeugnisses anhalten, wird befürchtet .

Wenig deutet darauf hin, dass im Gesetzgebungsverfahren auf Brüsseler Parkett noch eine Öffnungsklausel in den Text der Richtlinie gelangt. Die zuständige Expertin im EU-Parlament, die italienische Sozialdemokratin Simona Bonafe, wird nach Informationen unserer Redaktion in ihrem Bericht, der heute veröffentlicht wird, keinen Schwellenwert für gefährliche Abfälle fordern. Die Bundesregierung unterstützt das Handwerk. In der Stellungnahme fordert Berlin, "eine verhältnismäßig geringere Ausnahme für gefährliche Abfälle vorzusehen".

(RP)
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