Brüssel EU verbietet Fusion der deutschen und britischen Börse

Brüssel · Todesstoß am Brexit-Tag: Die EU-Wettbewerbshüter haben die Megafusion der Deutschen Börse und der London Stock Exchange (LSE) gestern verboten. Der geplante Zusammenschluss hätte den Wettbewerb bei der Abwicklung von Anleihegeschäften erheblich eingeschränkt, sagte EU-Kommissarin Margrethe Vestager in Brüssel. "Es wäre ein De-facto-Monopol beim Clearing festverzinslicher Finanzinstrumente entstanden." Die deutsch-britische Börsenhochzeit scheitert bereits zum fünften Mal. Deutsche-Börse-Aufsichtsratschef Joachim Faber reagierte enttäuscht: "Die Untersagung ist ein Rückschlag für Europa."

Für Deutsche-Börse-Chef Carsten Kengeter, gegen den die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Insider-Handel ermittelt, ist es zwei Tage vor seinem 50. Geburtstag ein weiterer Rückschlag. Der ehemalige Investmentbanker wollte durch die gut 25 Milliarden Euro schwere Fusion einen europäischen Champion schmieden, der den größeren US-Rivalen CME und ICE Paroli bieten kann. Doch in Frankfurt gab es von Anfang an Kritik, dass die Holdinggesellschaft der Megabörse in London angesiedelt werden sollte. Nach dem Votum der Briten für einen EU-Austritt im Sommer 2016 hatte der Widerstand dann zugenommen. Kengeter setzte sich hinter den Kulissen für die Schaffung eines doppelten Holdingsitzes ein, die LSE lehnte das jedoch ab.

Um eine Debatte über das Thema während der Brexit-Verhandlungen zu vermeiden, zogen die Londoner im Februar den Stecker. Sie lehnten den Verkauf der kleinen italienischen Handelsplattform MTS ab, den die EU für die Freigabe der Fusion gefordert hatte. Spätestens da war klar, dass der Deal in Brüssel nicht durchgehen würde. Vestager deutete an, dass sie das Vorgehen überrascht habe. "Es handelt sich um eine kleine Firma im Vergleich zur Größe beider Unternehmen."

Viele Frankfurter freuen sich wegen des Streits über den Firmensitz, dass die Fusion nicht zustandekommt. Doch aus Sicht von Experten wird es für die Main-Metropole nun schwieriger, im Zuge des Brexit Geschäfte und Arbeitsplätze aus London anzulocken. Denn bei einer Fusion wären wohl große Teile des Clearing-Geschäfts der LSE-Tochter LCH.Clearnet von der Themse an den Main verlagert worden. In der Folge hätte auch für Banken ein Anreiz bestanden, entsprechende Geschäfte in Frankfurt anzusiedeln. Der lachende Dritte könnte nun die französische Hauptstadt Paris sein.

(rtr)
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