Brüssel EuGH erschwert Freihandelsverträge

Brüssel · Richter fordern für Abkommen mit Singapur Zustimmung der EU-Staaten.

Die Pläne der Europäischen Union für mehr Freihandelsabkommen haben einen Dämpfer erhalten. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) erklärte, dass Teile des Abkommens mit Singapur die Zustimmung der Mitgliedsländer benötigten. Daher könne es in seiner aktuellen Form nicht von der EU allein abgeschlossen werden. Damit könnte künftig die Ratifizierung von Handelsabkommen durch alle nationalen Parlamente nötig werden. Bisher reicht es, wenn die Mitgliedsländer im EU-Rat sowie das EU-Parlament grünes Licht gaben. Damit wird es noch schwerer werden, Freihandelsverträge durchzubekommen. Im Herbst war der Handelsvertrag der EU mit Kanada (Ceta) fast am Widerstand der belgischen Region Wallonien gescheitert.

Der EuGH machte zwei Bereiche im Regelwerk mit Singapur aus, die nicht allein von der EU beschlossen werden dürften: Sogenannte Portfolio-Investitionen in Unternehmen sowie die Vorgaben zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Investoren und Staaten. Die EU-Kommission hatte den Fall dem EuGH zur Prüfung vorgelegt, nachdem sie sich 2013 mit Singapur grundsätzlich auf ein Freihandelsabkommen geeinigt hatte. Nach Meinung der Brüsseler Behörde müssen nur EU-Parlament und EU-Rat der Vereinbarung zustimmen, nicht aber die Parlamente der Mitgliedsländer. Dem widersprachen die EU-Staaten und erhielten nun vor dem EuGH Recht.

Die Brüsseler Behörde begrüßte die Entscheidung aus Luxemburg trotzdem, die man nun sorgfältig analysieren werde. Die Grünen-EU-Fraktionschefin Ska Keller sah das EuGH-Gutachten als Dämpfer für die Kommission. Die Grünen wollten sowohl Ceta als auch das mittlerweile auf Eis gelegte Abkommen mit den USA (TTIP) verhindern. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) äußerte die Hoffnung, "dass ökologisch und sozial fragwürdige Handelsverträge zu Fall gebracht werden können".

Der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) forderte, die EuGH-Entscheidung zum Anlass zu nehmen, das Kompetenzgerangel in der EU-Handelspolitik zu beenden: "Jahrelange Hängepartien in der Ratifizierung sind schädlich. Sie verunsichern Unternehmen und Verbraucher." Ähnlich äußerten sich andere Wirtschaftsverbände.

Auch als Antwort auf die protektionistischen Töne von US-Präsident Donald Trump strebt die EU möglichst rasche Freihandelsabkommen mit Japan, Mexiko und den Mercosur-Staaten Südamerikas an. Großbritannien braucht nach dem Brexit ebenfalls ein neues Abkommen. Das wird nun schwieriger.

(rtr)
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