Düsseldorf Europa hinkt bei der Digitalisierung hinterher

Düsseldorf · Ab Donnerstag sind die Digitalminister der 20 größten Industrienationen in Düsseldorf zu Gast. Dabei geht es auch um die Frage, wer in Zukunft noch vorne mitspielt.

Die G20 sind auf Tour, eben noch in Baden-Baden, nun in Düsseldorf, demnächst in Hamburg - ähnlich Musik-Gruppen, die ihre Konzerte Woche für Woche in verschiedenen Städten spielen, tourt momentan der Politik-Express durch Deutschland. Denn während hierzulande der Wahlkampf tobt, hat Deutschland auch den Vorsitz im Kreis der 20 wichtigsten Industrie-Nationen der Welt, der G20. Und das bedeutet: Es wird sehr viel konferiert.

Die Finanzminister trafen sich in Baden-Baden, die Arbeitsminister demnächst in Bad Neuenahr am Donnerstag kommen die Digitalminister nach Düsseldorf.

In der Wirtschaft hoffen sie auf Fortschritte bei der Entwicklung einer globalen digitalen Agenda. Der Hauptgeschäftsführer des IT-Branchenverbands Bitkom, Bernhard Rohleder, sagt: "Die Industrienationen und Schwellenländer müssen die Chancen der Digitalisierung noch stärker als bisher nutzen." Digitale Technologien würden Wachstum fördern und Wohlstand sichern. "Das ist auch die beste Antwort auf nationale Abschottung von Politik und Handel."

Eine Studie der Unternehmensberatung McKinsey hatte zuletzt jedoch gezeigt, dass gerade die europäischen Länder noch immer zu wenig aus ihren Möglichkeiten machen. So würde Deutschland beispielsweise nur zehn Prozent seines digitalen Potenzials nutzen (siehe Grafik), in den USA seien es bereits 18 Prozent. "Der Digitalisierungsgrad der deutschen Industrie ist aktuell sehr viel geringer, als man es erwarten würde", sagte damals McKinsey-Manager Karel Dörner. Und auch der Präsident des deutschen Ingenieursverbands VDI, Udo Ungeheuer, warnte zuletzt: "Die deutschen Industrieunternehmen digitalisieren ihre Industrie zu zögerlich." Dies gelte speziell für die kleinen und mittleren Betriebe.

Bei McKinsey sah man bei der Vorstellung der Studie im vergangenen Sommer jedoch auch beim Thema Gründungen Nachholbedarf - allerdings in ganz Europa. Natürlich gebe es auch hier erfolgreiche Start-ups. Doch führende Digitalstandorte wie Berlin, Paris und Stockholm hätten noch nicht zu den US-Pendants wie San Francisco aufgeschlossen. Die europäische Kommission arbeitet daher seit langem an einem digitalen Binnenmarkt, um Unternehmen unter anderem bessere Wachstumschancen zu ermöglichen.

Der Bitkom hat eine "Internationale Agenda für das digitale Zeitalter" entwickelt und fordert mehr Tempo. So soll beispielsweise Breitband-Internet in allen Entwicklungs- und Schwellenländern verfügbar gemacht werden. Gleichzeitig brauche es weltweit einheitliche Datenschutzstandards und Handelsabkommen, bei denen der digitale Handel künftig fester Bestandteil ist. Im Grunde, heißt es beim Bitkom, gehe es darum, eine Charta für die digitale Welt zu entwickeln, die Grundwerte für den digitalen Raum festschreibt.

(frin)
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