Essen Evonik: Katerstimmung nach Rekordjahr

Essen · Der Chemiekonzern erwartet nach dem Rekordjahr 2015 einen Gewinnrückgang. Das überrascht die Anleger, die Aktie stürzt ab. Auch der große Deal lässt auf sich warten. Die Dividende steigt aber: 370 Millionen gehen an die RAG-Stiftung.

 Evonik- Vorstandschef Klaus Engel und Finanzvorstand Ute Wolf stellten gestern die Bilanz für 2015 vor.

Evonik- Vorstandschef Klaus Engel und Finanzvorstand Ute Wolf stellten gestern die Bilanz für 2015 vor.

Foto: Roland Weihrauch

Eigentlich hatte Evonik allen Grund zu feiern: Der Chemiekonzern hat 2015 ein sehr erfolgreiches Jahr hingelegt. Dennoch brach die M-Dax-Aktie gestern um 13 Prozent ein. Mit einem trüben Ausblick für 2016 hat der Konzern die Anleger überrascht. "Evonik ist meist konservativ, aber der Ausblick liegt stark unter den Erwartungen", so Händler. Im vergangenen Jahr fuhr Evonik noch einen Gewinn von 2,5 Milliarden Euro ein - das bedeutet einen Gewinnsprung von 31 Prozent. Dazu trugen vor allem Zusatzstoffe für die Tiermast und Vorprodukte für Auto- und Bauindustrie bei. Der Umsatz legte um fünf Prozent auf 13,5 Milliarden Euro zu.

Doch dieses Niveau kann der Konzern nicht halten. Wegen sinkender Verkaufspreise geht Evonik nun für das laufende Jahr von einem leichten Umsatzrückgang und einem Gewinneinbruch von bis zu 20 Prozent aus. Konzernchef Klaus Engel blieb dennoch gelassen: "Wir sind jetzt nicht in einer Situation wie 2008, als alles einstürzte." Aber die Eintrübung der Weltkonjunktur, insbesondere die Schwäche in China, mache der Branche zu schaffen. Zudem komme Evonik von einem hohen Niveau, nun normalisierten sich die Zahlen.

Auch auf den großen Deal müssen die Anleger weiter warten. Evonik werde bei der Konsolidierung der Chemie-Branche nicht am Spielfeld-Rand stehen, hatte Engel einst angekündigt. Doch außer kleineren Zukäufen geschah nichts. "Wir haben unsere Pläne für eine größere Akquisition noch nicht ganz aufgegeben. Aber wir wollen uns auch keine Abenteuer anlachen", begründete Engel die Vorsicht. Man habe weiterhin Pläne in der Schublade liegen und eine gewaltige Finanzkraft. Anders als andere Konzerne hat Evonik (nach Abgabe der Anteile an Vivawest ein reiner Chemiekonzern) keine Schulden, sondern ein Milliarden-Vermögen. Die Kriegskasse liegt bei mehreren Milliarden Euro.

Laut Branchenkreisen hatte Evonik bereits die Konkurrenten DSM (Niederlande) und Clariant (Schweiz) ins Visier genommen, ohne dass es zu einem Deal kam. Weltweit geht die Konsolidierung munter weiter: Die US-Konzerne Dow Chemical und Dupont wollen sich zusammenschließen, die Chinesen den Schweizer Agrarchemiekonzern Syngenta schlucken.

Die Evonik-Aktionäre müssen also weiter Geduld haben. Die Aktie, die vor drei Jahren für 33 Euro an die Börse kam, fiel gestern auf 25 Euro. Immerhin zahlt Evonik eine gute Dividende: Für 2015 sollen die Aktionäre 1,15 Euro pro Aktie bekommen, nach einem Euro im Jahr zuvor. Seit 2008 ist die Dividende im Schnitt um zehn Prozent gewachsen. Das freut vor allem die RAG-Stiftung, die rund 68 Prozent an Evonik hält und nach 2018 für die Ewigkeitslasten des Bergbaus aufkommen muss. Ihr fließen 370 Millionen zu. Finanzvorstand Ute Wolf versprach, dass es trotz des für 2016 erwarteten Gewinnrückgangs keine Senkung der Ausschüttung geben wird: "Die Dividende werden wir in jedem Fall stabil halten."

Sorgenkind ist die Grundstoff-Sparte Performance Materials (4400 Mitarbeiter), bei der 2015 der Gewinn fiel. Dennoch betonte Wolf: "Es gibt keine Pläne, Performance Materials zu verkaufen." Auch ein weiteres Sparprogramm müssen die 33.600 Evonik-Mitarbeiter nicht fürchten. Neben dem laufenden, sozialverträglichen Abbau von bis zu 1000 Stellen in der Verwaltung sei nichts geplant.

(anh)
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