Essen Evonik will mit Top-Gewinn in Dax

Essen · Vorstandschef Klaus Engel will den Essener Konzern schon 2012 an die Börse bringen. Beflügelt werden die Pläne von einem Gewinnsprung im Jahr 2010. Der Verkauf des Strom-Versorgers Steag hat zu einem Buchverlust geführt.

Der Chemie-Konzern Evonik vergleicht sich gerne mit dem BVB Dortmund, den er sponsert: Vom guten Mittelfeld ging es in die Spitzengruppe, nun heißt das Ziel Champions League, sagte Evonik-Chef Klaus Engel. Die Champions League für deutsche Konzerne ist der Dax – und dort will Evonik hin. "Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht. Einen Börsengang innerhalb der kommenden 15 Monate können wir uns gut vorstellen", sagte Engel gestern. Und natürlich wäre eine Notierung im Dax gut.

Bei einem Börsengang würde der gesamte Konzern mit deutlich mehr als zehn Milliarden Euro bewertet – und damit mehr wert sein als etwa die jetzigen Dax-Mitglieder Beiersdorf ("Nivea") oder Heidelcement. Noch ist offen, wie viele Anteile an die Börse gehen. Die RAG-Stiftung, die 75 Prozent der Evonik-Anteile hält, wird eine Sperrminorität von 25 Prozent behalten, erwartet Engel. Der Finanzinvestor CVC, der 25 Prozent an dem Konzern besitzt, will seine Beteiligung auf Dauer komplett abgeben.

Die Bilanz für 2010, die Engel gestern vorlegte, würde der Börse gefallen: Der Umsatz stieg gegenüber dem Vorjahr um 26 Prozent auf 13,3 Milliarden Euro, dazu trug zu 80 Prozent das Chemie-Geschäft bei. Der Gewinn (vor Steuern und Abschreibungen) legte um 47 Prozent zu – auf die Rekordmarke von 2,4 Milliarden Euro. Der Konzern, der Vorprodukte für die Pharma-, Tierfutter- oder Solar-Industrie herstellt und mit Daimler eine Batterie für Elektroautos baut, profitierte mehr als andere vom Chemie-Boom. Seinen Eigentümern zahlt Evonik die versprochene Dividende von 400 Millionen Euro (plus 25 Prozent). Die RAG-Stiftung kann das Geld gut gebrauchen, sie muss ab 2018 für die Ewigkeitslasten des Bergbaus aufkommen.

Um seine Attraktivität zu erhöhen, will Evonik mehr Geld als bisher für seine hohen ungedeckten Pensionsverpflichtungen zurücklegen. Derzeit sind 3,9 Milliarden nicht gedeckt, weshalb auch die Rating-Agenturen dem Konzern bislang eine gute Note ("Investment-Grade") verwehrt haben.

Der Börsengang würde einen rasanten Wandel des Unternehmens krönen: Evonik war unter Leitung von Werner Müller vor fünf Jahren aus dem Kohlekonzern RAG hervorgegangen. Zunächst hatte das Unternehmen drei Sparten: Chemie, Kraftwerke (Steag), Immobilien. Müllers Nachfolger Engel änderte dann die Strategie und machte aus dem Misch- einen Chemie-Konzern. Dieser soll – auch nach dem Willen von Chemie-Gewerkschafts-Chef Michael Vassiliadis – beim Umbau der deutschen Chemiebranche mitmischen, der eine Fusionswelle bevorsteht. Zur Finanzierung soll die Immobilien-sparte erst mit dem Wohnungsunternehmen THS verschmolzen und später abgegeben werden, so Engel. Die Mehrheit an der Steag hat Evonik jüngst an ein Konsortium von NRW-Stadtwerken verkauft. Das spült Evonik 651 Millionen in die Kasse. Da die Steag höher bewertet in den Evonik-Büchern stand, machte der Konzern einen Buchverlust von 100 Millionen Euro, wie Engel nun einräumte.

Diesen Buchverlust hat Evonik ebenso in das vierte Quartal 2010 gepackt wie andere Lasten, um in diesem Jahr für die Börse glänzen zu können. 150 Millionen Euro legte man für mögliche Gewährleistungs-Ansprüche der Stadtwerke für Steag zurück. Das sei bei Kaufverträgen üblich, dahinter würden sich keine konkreten Problem-Kraftwerke verbergen, so Engel.

(RP)
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