Berlin Experten: Diesel-Bericht geschönt

Berlin · Nur zwei von 19 Fahrzeugen weisen zu hohe CO2-Werte auf.

Grüne, Verbraucherzentrale und ein Verkehrsexperte kritisieren Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU). Er hatte gestern einen Untersuchungsbericht der Kommission zum VW-Skandal vorgestellt. Lediglich zwei von 19 überprüften Diesel-Fahrzeugen weisen darin zu hohe CO2-Werte auf. Der Verdacht der Kritiker: Das Ministerium könnte die Ergebnisse zugunsten der Autoindustrie optimiert haben. Ferdinand Dudenhöffer, Automobilexperte der Universität Duisburg-Essen, sagte: "Der Bericht zeigt eine zu starke Verknüpfung mit der Autoindustrie."

Nur zwei Modelle waren in dem Test des Kraftfahrtbundesamtes durchgefallen. Ein Modell des Opel Zafira lag 8,9 Prozent über dem bei der Typzulassung genehmigten Wert des CO2-Ausstoßes; ein Smart ForTwo 4,4 Prozent. Betroffen sind laut Dobrindt rund 17.000 Autos in Deutschland. Beide Modelle werden gar nicht mehr produziert.

Verblüffend an dem Bericht ist, wie gut er ausfällt. "Es hat uns überrascht", sagt Gregor Kolbe vom Verbraucherzentrale Bundesverband. Ergebnisse der Kommission, die vorab bekannt geworden waren, kamen zu dramatischeren Erkenntnissen. Das Ministerium nannte diese daraufhin "nicht repräsentativ". Repräsentativ seien nur die veröffentlichten Ergebnisse. Kolbe sagt, er wolle niemandem etwas unterstellen, aber: "Ich kann nicht ausschließen, dass die volle Flexibilität in den Testprotokollen ausgenutzt wurde." Hat das Ministerium den Bericht geschönt?

Bereits bei dem ersten Bericht der Kommission zum Ausstoß von Stickoxid hatte der "Spiegel" über eine enge Zusammenarbeit von Ministerium, Kraftfahrtbundesamt und Autoherstellern berichtet. Das Kraftfahrtbundesamt hat die CO2-Tests im Labor durchgeführt. Dudenhöffer nennt das "erschreckend". Das sei "Sand in den Augen der Leute", weil die Realität außer Acht gelassen würde.

Tests auf der Straße soll das "Deutsche Institut für Verbrauchs- und Emissionsmessungen" vornehmen. Dobrindt kündigte an, dass es noch in diesem Jahr gegründet werden soll. Das Institut soll die Industrie finanzieren. Dudenhöffer zweifelt an der Unabhängigkeit: "Ein solches Institut muss tatsächlich auch unabhängig sein und kein Wurmfortsatz des Verkehrsministeriums."

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Oliver Krischer, nennt die Finanzierung einen Witz. "Gerade die Selbstkontrolle der Autoindustrie hat zum Abgasskandal geführt. Die jetzt auch noch auszubauen, befördert das Tricksen und Betrügen, statt es zu beenden", sagt Krischer.

(her)
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