Frankfurt EZB: Billiggeld noch bis Ende 2017

Frankfurt · Die Zentralbank hat das bis März geplante Milliardenkaufprogramm für Anleihen vorzeitig um neun Monate verlängert. Dafür gibt es ab April monatlich "nur" noch 60 statt 80 Milliarden Euro. Der Nullzins bleibt - schlechte Zeiten für Sparer.

Wenn bis zum vorigen Wochenende noch irgendjemand Zweifel daran gehabt haben sollte, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ihr milliardenschweres Kaufprogramm für Anleihen über den März 2017 hinaus verlängern würde, dann hatte sich das mit dem Ausgang des Referendums in Italien endgültig erledigt. Die EZB verlängert - übrigens ohne Zustimmung der Bundesbank - das Programm bis Ende 2017, kauft aber monatlich "nur" noch für 60 Milliarden statt bisher 80 Milliarden Euro. Sie hat damit unter Führung ihres italienischen Präsidenten Mario Draghi dessen Heimatland eine Beruhigungspille verabreicht. Die Botschaft: Italien bekommt auf jeden Fall genug Geld, um die Wirtschaft zu versorgen und zur Not marode Banken zu rekapitalisieren.

Warum kauft die EZB überhaupt?

Seit März des vergangenen Jahres kauft die Zentralbank monatlich Anleihen (zunächst nur öffentliche, später auch Firmenanleihen), um die Kapitalmarktzinsen zu drücken und die Kreditfinanzierung in der Euro-Zone anzuschieben. Ihre Rechnung: Die Investoren bekommen Geld und stecken dieses in Kredite oder Firmenanteile. Die Notenbank kann Anleihen von Staaten, Bundesländern und Firmen kaufen. Sie tut das über sechs ausgewählte Notenbanken, zu denen die Deutsche Bundesbank gehört. Das neue: Sie kauft jetzt auch Anleihen mit nur einem Jahr Laufzeit und solche mit Renditen, die unter dem aktuellen Einlagenzins von minus 0,4 Prozent liegen.

Helfen die EZB-Maßnahmen?

Darüber wird heftig diskutiert. Die Gegner des Kaufprogramms kritisieren stets, dass mit der Flutung der Märkte durch die Notenbank der Reformdruck auf die Krisenstaaten abnimmt, die EZB-Geldflut die Probleme also nicht löst. "Politische Ereignisse dürfen nicht die Geldpolitik in Europa bestimmen", sagte Volker Treier, Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages. Die Investitionen seien trotz niedriger Zinsen gering, es fehlten attraktive Rahmenbedingungen.

Über die Signalwirkung streiten auch Volkswirte. "Das ist nicht das Ende der lockeren Geldpolitik. Das ist kein Einstieg in den Ausstieg. Die lockere Geldpolitik wird nicht einfach beendet, denn die Staatsschuldenkrise ist noch nicht gelöst. Die EZB bleibt am Haken der Politik", erklärte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Dagegen sprach Jörg Zeuner, Chefvolkswirt der staatlichen Förderbank KfW, von "einem vorsichtigen Einstieg in den Ausstieg" aus dem Kaufprogramm. Das Wachstum in der Euro-Zone sei robust, die Inflationsrate ziehe an. Das werde sich 2017 fortsetzen.

Was ist mit den Zinsen?

Der Leitzins bleibt bei null Prozent. Für Einlagen bei der Notenbank zahlen die Geschäftsbanken der Euro-Zone weiter einen Strafzins von 0,4 Prozent

Was heißt das für Sparer?

Nichts Gutes. Solange Privat- und Volksbanken sowie Sparkassen selbst Strafzinsen zahlen müssen, ist nicht damit zu rechnen, dass Sparer auf risikolose Anlagen überhaupt noch eine nennenswerte Rendite bekommen. Gleiches gilt bei Lebensversicherungen, weil den Anbietern Möglichkeiten fehlen, Kundengelder rentabel an den Kapitalmärkten zu investieren.

Keine Aussichten auf Zinsanstieg?

Derzeit nicht, vielleicht auf Jahre nicht. Denn die Inflationsrate, für die die EZB eine Zielmarke von zwei Prozent nennt, liegt in diesem Jahr nur bei 0,3, im nächsten vermutlich bei 1,3 und 2018 nach aktuellen Prognosen bei 1,5 Prozent. Erst wenn die Preise deutlicher steigen würden und es eine Überhitzungsgefahr gäbe, würde die EZB mit einer Zinserhöhung gegensteuern.

Was ist mit den Kreditzinsen?

Die gute Nachricht: Sie bleiben niedrig. Zwar hat es bei den Bauzinsen zuletzt eine leichte Steigerung gegeben. Aber ein Darlehen mit Zehn-Jahres-Bindung ist unter einem Prozent zu bekommen.

Was heißt das für den Euro?

Der Kurs der europäischen Währung rutschte gesten um einen Cent auf weniger als 1,08 Dollar. Die Erklärung: je niedriger der Zins, umso unattraktiver ein Investment im Euro-Raum. Dafür hilft ein niedriger Euro-Kurs Exporteuren, deren Absatzmöglichkeiten außerhalb des Währungsraumes steigen.

(RP)
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