Frankfurt EZB: Zehn Milliarden für Firmenanleihen

Frankfurt · Erstmals hat die Bundesbank eine Liste mit Firmenpapieren veröffentlicht, die sie und andere europäische Notenbanken im Auftrag der Europäischen Zentralbank kaufen. Sie will damit die Kreditvergabe ankurbeln.

Seitdem die Europäische Zentralbank (EZB) im März den Leitzins auf Null gesenkt hat, gibt es für sie über die Zinspolitik keine Möglichkeit mehr, die Kreditvergabe in der Euro-Zone anzukurbeln. Was sie kann: Anleihen kaufen - solche von Staaten, von Bundesländern und von Unternehmen. Letztere werden seit dem 8. Juni gekauft, und zwar von sechs europäischen Notenbanken, die sie damit beauftragt hat. Zu diesem Sextett gehört die Deutsche Bundesbank, die gestern erstmals eine Liste mit den gekauften Unternehmensanleihen veröffentlicht hat.

Rund zehn Milliarden Euro haben die Notenbanken bisher in die Unternehmensanleihen gesteckt. Knapp zwei Milliarden Euro waren es in der vergangenen Woche, rund 13 Prozent mehr als in der Wochen davor. Das heißt: Das Tempo bei den Anleihen-Käufen steigt.

Dazu gehören viele Dax-Unternehmen wie die Autobauer Daimler, VW und BMW, der Leverkusener Bayer-Konzern, die in die Krise geratenen Energieversorger Eon und RWE, Siemens, die Telekom und die Post - aber auch prominente Unternehmen aus der Region, die derzeit an der Börse nur in der zweiten Liga spielen wie Lanxess und Metro.

Warum kauft die EZB überhaupt?

Seit März des vergangenen Jahres kauft die Zentralbank Staatsanleihen, um die Kapitalmarktzinsen weiter zu drücken und damit die Kreditfinanzierung anzuschieben. Ihre Rechnung: Die Investoren bekommen Geld und stecken dieses in Kredite oder Firmenanteile. Das soll noch bis Ende März so weitergehen, und insgesamt will die Notenbank dann Papiere für mehr als 1,7 Billionen Euro gekauft haben - etwa 80 Milliarden Euro pro Monat. Die Währungshüter hoffen auf mehr Wachstum, weil das auch dazu beitragen soll, die Preise steigen zu lassen, die Inflationsrate so in die Nähe der Zwei-Prozent-Grenze zurückzubringen und Deflationsgefahren entgegenzuwirken.

Warum auch Firmenanleihen?

Dabei verfolgt die Notenbank zwei Stoßrichtungen: Zum einen verschafft sie den Unternehmen über die sinkenden Anleihezinsen eine günstige Refinanzierung, zum anderen verschafft sie sich mehr Spielraum bei ihren Käufen. Denn bei den Staatspapieren gehen der EZB wegen der negativen Renditen mittlerweile die Zielobjekte aus. Und für Banken, die Firmenanleihen halten, lohnt es sich mitunter nicht mehr, diese Papiere zu halten. Die Hoffnung der EZB: Die Kreditinstitute stecken das Geld stattdessen in die Kredite.

Ob das so kommt, ist allerdings offen. Die Zinspolitik in der Euro-Zone hat das Wachstum bisher nicht neu entfacht, weil es in manchen Ländern nicht an Geld für die Kredite, sondern an strukturellen Reformen fehlt, die das Wachstum anschieben könnten. Insofern bestehen weiterhin erhebliche Zweifel an der Wirksamkeit der EZB-Maßnahmen.

Was darf die EZB dabei kaufen?

Bei den Firmenpapieren ist die Zentralbank verpflichtet, nur solche mit Investmentgrade zu kaufen. Das wurde zuletzt allerdings bei RWE knifflig. Denn im Urteil der Rating-Agenturen Standard & Poor's und Moody's bewegte sich RWE zuletzt nur noch kurz vor dem Etikett "Nicht als Investment geeignet". Der Kauf von Bankanleihen ist ausgeschlossen. Die Anleihen sollen eine Laufzeit zwischen einem halben Jahr und zweieinhalb Jahren haben. Andererseits darf die Zentralbank bei den Unternehmen anders als bei Staatsanleihen auch Papiere kaufen, die neu auf den Markt kommen. Bei den Staatspapieren ist das nicht erlaubt, weil es sich bei einem solchen Kauf um direkte Staatsfinanzierung durch die Notenbank handeln würde.

Welche Notenbanken kaufen?

Neben der Bundesbank beteiligen sich die Zentralbanken Italiens, Frankreichs, Spaniens, Belgiens und Finnlands an den von der EZB in Auftrag gegebenen Firmenanleihen-Käufen.

(RP)
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