Menlo Park Facebook startet Internet-Drohne

Menlo Park · Ein riesiges unbemanntes Fluggerät soll Menschen in abgelegenen Gegenden den Zugang zum Internet ermöglichen. Das Konzept bestätigt, wie radikal die Online-Konzerne handeln können - und wie geschäftstüchtig sie sind.

Die amerikanischen Internetkonzerne haben einmal mehr demonstriert, wie grundlegend sie die Welt verändern wollen: Facebook stellte der Öffentlichkeit jetzt den Prototyp einer eigenen riesigen Drohne vor, mit der Menschen in Entwicklungs- und Schwellenländern mit Internet versorgt werden können.

Das unbemannte Flugzeug namens "Aquila" soll nachts in 18 Kilometer Höhe fliegen und tagsüber auf 28 Kilometer aufsteigen. Von einer Bodenstation aus wird die Maschine per Laser mit einer Onlineverbindung versorgt. Mehrere dieser Drohnen können untereinander Daten austauschen und per Funk Bodengebiete versorgen. Die Laserverbindung in die Luft soll mehrere Gigabit pro Sekunde übertragen können - die Nutzer am Boden werden allerdings ein deutlich niedrigeres Übertragungstempo angeboten bekommen.

Die Drohne soll in einem Radius von drei Kilometern über der Zielregion kreisen. Auf Dauer müsste der Konzern also Tausende solcher Drohnen in die Luft schicken, um wirklich wie geplant Millionen Menschen mit Internetverbindungen zu versorgen. "Wir stehen vor einer neuen Revolution", sagt Facebook-Chef Mark Zuckerberg, "Milliarden Menschen werden in den nächsten Dekaden das Internet erstmalig erleben."

Das Konzept bestätigt die kühne Denkweise von Facebook, Google und Co. Anstatt ihr Geschäft graduell voranzutreiben wie die klassischen europäischen Industriekonzerne, werden in der Technologie- und Gründerregion Silicon Valley bei San Francisco radikale Lösungen für große Probleme gesucht.

Der Elektromobilität gehört die Zukunft? Gründer Elon Musk hat mit Tesla den erfolgreichsten Anbieter von Elektroautos der Welt völlig neu aufgebaut und will auch private Flüge ins Weltall organisieren.

Bei Apple wird der Erfolg von Konzernchef Tim Cook keineswegs nur an den Gewinnen gemessen, sondern daran, ob es ihm wie dem verstorbenen Firmengründer Steve Jobs gelingt, ein grundlegend neues Produkt zum Erfolg zu machen. Im Klartext: Nachdem Jobs mit dem iPhone den Handymarkt und mit dem iPad den privaten Computermarkt revolutionierte, muss Cook nun auf den Durchbruch der Digitaluhr Apple Watch hoffen.

Google hat einen eigenen Bereich aufgebaut, in dem für vom Unternehmen definierte Ziele radikale neue Lösungen gesucht werden. Vorstandschef und Gründer Larry Page erklärt dazu: "Es gibt kaum Konkurrenz beim Erforschen technologischer Grenzen, weil niemand so verrückt ist, es zu versuchen."

Dabei liefern sich Google und Facebook sogar einen Wettbewerb darum, welcher Konzern erfolgreicher dabei ist, weitere Menschen neu an das Internet zu binden. Google setzt dabei auf das "Projekt Loon", bei dem Ballone die digitalen Sendegeräte in die Stratosphäre tragen sollen, wogegen Facebook auf Bündnisse mit Mobilfunkern setzt - und eben nun auf die Drohne als neue Technologie.

Es geht dabei keineswegs nur um die Beglückung der Menschheit: So profitiert Google als mit Abstand wichtigste Suchmaschine automatisch von jeder weiteren Expansion des Internets. Wer im World Wide Web surft, sucht laufend Inhalte über Google - und zur Suchanfrage passende Werbung wird für Geld geschaltet. Das hat den Börsenwert auf 370 Milliarden Euro gehoben.

Bei Facebook (Börsenwert 190 Milliarden Euro) sieht die Kalkulation komplizierter aus: Die reine Expansion des Internets bringt dem Konzern nichts. Es geht darum, Nutzer zu ködern, die dem Netzwerk treu bleiben, wenn auch viele Bekannte sich bei Facebook tummeln. "Der Netzwerkeffekt bei Facebook ist gigantisch", sagt der Kölner Internetunternehmer Jérôme Glozbach de Cabarrus vom Messaging-Dienst Hoccer, "der jetzige Erfolg bringt den künftigen Erfolg."

So ist es kein Wunder, dass Facebook mit der weiteren Verbreitung des Internets stark die weitere Verbreitung des eigenen Dienstes meint. Dies zeigt sich bei den Kooperationsprojekten des Facebook-Ablegers "Internet.org" mit Telefonkonzernen in Indien, Indonesien und 15 anderen Ländern: Denn die Kunden erhalten über eine App ohne Kosten für die Datenübertragung nur den Zugang zu einer Reihe an Basisdiensten zu Gesundheit, Wetter oder einem Lexikon - und natürlich auch zu Facebook.

Zehntausende Inder haben in einer Petition dagegen protestiert, dass Internet.org nicht das ganze Internet anbiete. Mark Zuckerberg erwiderte darauf - natürlich als Eintrag bei Facebook -, ein begrenztes Angebot sei immer noch besser als überhaupt kein Angebot.

(RP)
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