Regierungskrise in Portugal 2011: Jose Socrates tritt zurück

Lissabon · Der portugiesische Ministerpräsident José Socrates hat seinen Rücktritt eingereicht. Das teilte das Präsidialamt in Lissabon mit. Socrates reagierte damit auf eine Abstimmungsniederlage im Parlament, das mehrheitlich gegen sein Sparprogramm votiert hatte.

Das portugiesische Parlament hatte am Mittwochabend in einer Abstimmung das Sparprogramm der Regierung abgelehnt. Damit scheinen Neuwahlen nahezu unausweichlich. Ministerpräsident Jose Socrates hatte bereits vor der Abstimmung angekündigt, er werde zurücktreten, falls das Parlament das Sparprogramm durchfallen lasse.

Im innenpolitischen Streit um den strikten Sparkurs droht der Regierung Portugals kurz vor dem EU-Gipfel das Aus. Am Mittwochnachmittag begann im Parlament die Debatte über das Sparpaket von Ministerpräsident Jose Socrates, der bei der erwarteten Niederlage eine Flucht des Landes unter den Euro-Rettungsschirm für unvermeidlich hält.

Finanzminister Fernando Teixeira dos Santos appellierte daher an die Opposition, über ihren Schatten zu springen und die Minderheitsregierung zu stützen: "Andernfalls wird das Land die Folgen bei der Bonitätseinstufung unmittelbar zu spüren bekommen." Die Opposition, allen voran die konservativen Sozialdemokraten (PSD), blieben jedoch bei ihrem Nein.

Schlechteres Rating durch S&P

Portugal gilt in der Euro-Schuldenkrise als Wackelkandidat. Die Rating-Agentur S&P hatte erst kürzlich die Bonität des Landes um zwei Noten schlechter bewertet und eine weitere Herabstufung nicht ausgeschlossen. Das Land muss für seinen Schuldendienst immer höhere Zinsen zahlen. Dos Santos räumte Mitte des Monats unumwunden ein, dass diese langfristig nicht tragbar seien.

Eine Schlichtung in letzter Minute durch Portugals Präsident Anibal Cavaco Silva schien immer unwahrscheinlicher. Silva hatte am Dienstagabend gesagt, sein Handlungsspielraum in dieser Frage sei begrenzt. In der Vergangenheit hatte der Präsident wiederholt zwischen den politischen Kontrahenten vermittelt, um doch zu einer Einigung zu kommen.

Unmut in der Bevölkerung über Sparkurs

An den Finanzmärkten wird inzwischen damit gerechnet, dass das Euro-Land wegen seiner hohen Verschuldung dem Beispiel Griechenlands und Irlands folgt und ebenfalls internationale Finanzhilfe beantragt. Portugal muss inzwischen zur Finanzierung seiner Schulden den Investoren Zinsen von deutlich mehr als sieben Prozent anbieten. Das gilt auf Dauer als untragbar.

Doch ein Rückgriff Portugals auf den Euro-Rettungsschirm wäre ein Rückschlag für die Europäische Union, die bei einem Gipfeltreffen am Donnerstag weitreichende Beschlüsse zur Stabilisierung der Euro-Zone fassen will. EU-Währungskommissar Olli Rehn sagte einer finnischen Zeitung, die Entschlossenheit Portugals zum Sparen bedeute, dass das Land aus eigener Kraft aus der Krise kommen könnte. "Es ist kein Naturgesetz, dass Portugal Finanzhilfe beantragen muss", sagte Rehn.

Im Falle vorgezogener Wahlen würde Socrates als Chef einer Übergangsregierung mit begrenzten Befugnissen vorläufig im Amt bleiben. Er hat auch bereits klargemacht, dass er auf jeden Fall an dem EU-Gipfel teilnehmen wird. Neuwahlen könnte es frühestens Mitte Mai geben. In den Umfragen liegen die Sozialdemokraten vorn.

"Meine Sorge ist eine Phase der Untätigkeit, bevor eine neue Regierung an die Macht kommt", sagte RBS-Volkswirt Silvio Peruzzo. In der Bevölkerung wächst unterdessen angesichts sinkender Löhne, steigender Steuern und eines Rückfalls in die Rezession der Widerstand gegen den Sparkurs.

(RTR/felt)
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