Verhandlungen mit Krankenkassen Ärzte wollen fünf Milliarden mehr

Berlin · Die niedergelassenen Mediziner sehen bei ihren Honoraren eine "Finanzierungslücke" von fünf Milliarden Euro. Sie soll Grundlage für die anstehenden Verhandlungen mit den Krankenkassen sein.

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Foto: dpa, Patrick Pleul

Den niedergelassenen Ärzten und den Krankenkassen in Deutschland stehen harte Honorarverhandlungen bevor. Heute wollen die Ärzte für den Start der Beratungen am Mittwoch eine saftige Forderung auf den Tisch legen.

Die Ärzte machen bei ihren Honoraren eine Finanzlücke von fünf Milliarden Euro aus. Sie soll Basis für die Verhandlungen mit den Krankenkassen werden. "Ich glaube, dass unsere Forderung finanzierbar ist. Das wird man aber wahrscheinlich nicht in einem Schritt realisieren können", sagte der neue Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, unserer Redaktion (das komplette Interview lesen Sie hier).

Die hohen Erwartungen begründet Gassen unter anderem damit, dass die niedergelassenen Mediziner heute zehn Prozent ihrer Leistungen unentgeltlich erbrächten. Hintergrund ist, dass die Honorare für die Praxis-Ärzte gedeckelt sind. Das heißt, wenn Sie mehr Patienten versorgen, als der Honorar-Topf erlaubt, müssen sie Abschläge hinnehmen.

Allein dadurch entsteht Gassen zufolge eine "Finanzierungslücke" von 2,3 Milliarden Euro. Zudem fordern die Ärzte, das Einkommen eines Praxis-Arztes auf den "kalkulatorischen Wert" eines Oberarztgehalts anzuheben, der bei 133 000 Euro pro Jahr liege. "Um auf diese Summe zu kommen, bedarf es abermals rund drei Milliarden Euro. Da müssen wir ran", sagte Gassen unserer Zeitung.

Der Spitzenverband der Kassen schätzt die Einkommen der Ärzte anders ein. Eine Auftragsstudie der Krankenkassen aus dem Jahr 2012 geht davon aus, dass ein niedergelassener Mediziner schon heute rund 134 000 Euro Brutto-Einkommen allein aus seiner Versorgung von Kassenpatienten erzielt. "Bezieht man die Einnahmen durch die Versorgung von privat Versicherten mit ein, erhöht sich der Reinertrag je Arzt im gleichen Zeitraum sogar auf 165 000 Euro", heißt es von Seiten des Spitzenverbandes.

Der Streit um die Einkommen der Ärzte flammt auch deshalb immer wieder auf, da sie in den einzelnen Regionen sehr unterschiedlich hoch sind und auch einzelne Facharztgruppen deutlich schlechter verdienen als andere. So erscheint der Durchschnitt der Arzteinkommen zwar hoch, dennoch gibt es Praxen, die weit unter diesen Werten liegen.

Den Ärzten kommt es bei den anstehenden Honorarverhandlungen vor allem darauf an, dass sie künftig keine Leistungen mehr honorarfrei erbringen müssen. Dafür fordert Gassen für die Fachärzte die Einführung einer "Basis-Leistung", die mit einem Festpreis honoriert wird. "Das sind die Leistungen, die jeder Arzt beim Erstkontakt mit einem Patienten erbringt", sagte Gassen. Es gehe um eine Kurzanamnese und eine kurze symptombezogene Untersuchung und die Einleitung weiterer Schritte.

"Wenn uns der Einstieg in ein Festpreis-System für niedergelassene Ärzte nicht gelingen sollte, dann muss die Leistungsmenge begrenzt werden", betonte Gassen. Das bedeute, dass "die Patienten auf diese Leistungen dann verzichten müssen".

Beim Thema Termingarantie dämpfte Gassen die Erwartungen von Seiten der Patienten. Die Ärzte könnten es nicht leisten, dass alle Kranken innerhalb von vier Wochen einen Termin bei ihrem Wunscharzt bekämen. Der KBV-Chef betonte, eine solche Termingarantie könne allenfalls innerhalb einer Stadt erfüllt werden.

(qua)
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