Streit um Euro-Bonds Merkel weist Commerzbank-Chef in die Schranken

Krisenländer können sich wieder günstig verschulden, notfalls macht die EZB den Weg frei. Commerzbank-Chef Blessing will den Druck auf Staaten wieder erhöhen - und schlägt dafür ausgerechnet Eurobonds vor. Die Kanzlerin ist nicht amüsiert.

Angela Merkel weist Commerzbank-Chef Martin Blessing in die Schranken
Foto: dpa, dan fdt

Im wieder aufgeflammten Streit um die Einführung von Euro-Bonds hat Bundeskanzlerin Angela Merkel Commerzbank-Chef Martin Blessing zurückgepfiffen. "Diese Frage steht für uns nicht zur Debatte", ließ Merkel am Mittwoch in Berlin über ihren Sprecher Steffen Seibert klarstellen. An der Grundhaltung der Bundesregierung habe sich nichts geändert.

Blessing hatte sich zuvor überraschend für gemeinsame Staatsanleihen stark gemacht, für die alle Euro-Länder haften. Dass der Topbanker damit öffentlich auf Konfrontationskurs zu Merkel ging, ist bemerkenswert, weil der Bund an der Commerzbank beteiligt ist.

Das Kanzleramt erklärte, der Schlüssel für Europa sei unverändert eine Mischung aus soliden Finanzen, strukturellen Reformen und einer besseren Steuerung der Eurozone.

Bei der "Handelsblatt"-Jahrestagung "Banken im Umbruch" in Frankfurt rechtfertigte Blessing seinen Vorstoß. Durch die Politik der Europäischen Zentralbank (EZB) sei zuletzt der Reformdruck auf die Krisenländer gesunken, die Anleihenzinsen seien wieder niedrig.

Blessing schlug vor, dass Euro-Staaten einerseits bis zu einer Grenze von 25 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung über den Rettungsfonds ESM gemeinsam Schulden aufnehmen dürfen sollten. "Als Sicherheiten müssen sie dafür einen Teil ihrer Mehrwertsteuer-Einnahmen an den ESM abtreten", schrieb Blessing in einem Gastbeitrag im "Handelsblatt".

Für alle weiteren Schulden müssten sie andererseits wie bisher selbst Anleihen ausgeben - und zwar ohne Rückendeckung der EZB und deshalb zu höheren Zinsen. "Das schafft den Anreiz, mehr zu tun." Am Ende müsse eine Staatsinsolvenz möglich sein, ohne dass der Euro als Ganzes gefährdet werde.

Die Bundesregierung lehnt gemeinsame Staatsanleihen, für die alle Euro-Länder haften, strikt ab. Der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Norbert Barthle, sagte am Mittwoch:
"Akute Krisenhilfe über die Rettungsschirme war notwendig, aber eine systematische Vergemeinschaftung von Schulden steht nicht an."

Scharfe Kritik kam auch aus dem Bundesfinanzministerium. Der Parlamentarische Staatssekretär Steffen Kampeter (CDU) stellte klar: "Eurobonds stehen weit und breit nicht auf der politischen Agenda. Und das aus gutem Grund." Kampeter griff Blessing direkt an. "Anstelle sich mit einem Thema zur Unzeit zu befassen, sollte sich Herr Blessing auf seine Funktion als Vorstandsvorsitzender konzentrieren." Die Commerzbank war in der Finanzkrise vom Staat gerettet worden und gehört zu 17 Prozent dem Bund.

Nach Überzeugung von Deutsche-Bank-Co-Chef Anshu Jain ist eine Vergemeinschaftung von Staatsschulden über Eurobonds kein geeignetes Mittel zur Stabilisierung des Euro. "Ich mag das aktuelle System - es hat die richtigen Checks und Balances -, und ich würde nicht viel weiter gehen", sagte Jain in Frankfurt. In den letzten Jahren hätten die Märkte hoch verschuldete Staaten mit hohen Anleihezinsen zum Sparen gezwungen. Das sei gut. Griechenland sei ein gutes Beispiel für eine gelungene Trendwende.

EZB-Direktorin Sabine Lautenschläger sagte, die Notenbank lehne Eurobonds zwar nicht grundsätzlich ab. Es müsse aber sichergestellt sein, dass die Regierungen weiterhin Reformdruck verspürten. Zudem müsse geklärt sein, ob die Staaten nur Haftungsrisiken abtreten, oder auch Souveränität abgeben. Letzteres gilt politisch allerdings nicht als durchsetzbar.

(dpa)
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