Griechenland rutscht tiefer in die Krise Athen kann Sparziel auch 2013 nicht halten

Athen · Während Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nach einer Telefonkonferenz der Eurogruppe keine Entscheidung über weitere Hilfen für das hochverschuldete Griechenland vor Mitte November erwartet, werden die wirtschaftlichen Probleme des klammen Eurolandes nicht geringer. Die Regierung kann ihr Sparziel im kommenden Jahr erneut nicht erreichen. In dem am Mittwoch im Athener Parlament eingereichten Haushalt für 2013 rechnet das Kabinett mit einem Staatsdefizit von 5,2 Prozent.

Oktober 2012: So will Athen Milliarden sparen
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Foto: dpa, Hannibal Hanschke

Im vorläufigen Budgetentwurf war die Regierung noch von einem Fehlbetrag von 4,2 Prozent ausgegangen. Angesichts der revidierten Zahlen dürfte die Gesamtverschuldung im kommenden Jahr bei 189,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen. Am Mittwoch sollten die Abgeordneten auch über einen umstrittenen Gesetzentwurf zur Privatisierung öffentlicher Unternehmen entscheiden. Die Abstimmung galt als Test für die fragile Regierungskoalition.

Niedrigere Privatisierungserlöse

Zudem hat Griechenland erneut das Ziel der angestrebten Privatisierungserlöse gesenkt. Nun will Athen bis Ende 2016 etwa elf Milliarden Euro durch Privatisierungen kassieren. Dies teilte der Chef des Privatisierungsfonds, Takis Athanasopoulos, im griechischen Parlament mit. "Wir haben uns (mit der Troika) auf 11,145 Milliarden Euro geeinigt", sagte Athanasopoulos am späten Dienstagabend im griechischen Parlament. Damit hat Athen zum zweiten Mal seit 2011 das Ziel der Einnahmen durch Privatisierungen gesenkt.

Zunächst war die Rede von 50 Milliarden Euro Einnahmen, die aus Privatisierungserlösen in die Staatskasse fließen sollten. Danach wurde das Ziel auf 19 Milliarden Euro herabgesetzt. In den vergangenen beiden Jahren hatte der Fonds lediglich 1,5 Milliarden Euro aus Privatisierungen für den Staat eingenommen. Die Troika aus EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds (IWF)
arbeitet derzeit an ihrem Bericht über die Reform- und Sparfortschritte Athens, der die Grundlage für weitere Hilfen der internationalen Geldgeber bilden und noch im November vorliegen soll.

BIP bricht ein

Das Bruttoinlandsprodukt wird zudem um 4,5 Prozent einbrechen, geht aus dem am Mittwoch in endgültiger Fassung vorgestellten Haushaltsentwurf für 2013 hervor. Bislang war ein Minus von 3,8 Prozent erwartet worden. Nach sechs Rezessionsjahren in Folge soll es 2014 eine Rückkehr zu Wachstum geben, das dann bei 0,2 Prozent liegen soll.

Der sogenannte Primärhaushalt - bei dem die Kosten für den Schuldendienst ausgeklammert werden - soll erstmals seit 2002 wieder ein Plus ausweisen. Es dürfte aber mit 0,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes nicht einmal halb so groß ausfallen wie bislang mit 1,1 Prozent angestrebt. 2016 soll er 4,5 Prozent betragen.

"Kein neuer Schuldenschnitt"

Ein neuer Schuldenschnitt steht nach Angaben des Chefs der Arbeitsgruppe der Euro-Finanzminister trotz der düsteren Aussichten derzeit nicht zur Debatte. Er sei in dieser Woche mehrfach mit Vertretern der sogenannten Troika aus EU-Kommission, Europäische Zentralbank und Internationaler Währungsfonds zusammengetroffen, sagte der Vorsitzende der Arbeitsgruppe, Thomas Wieser, im Deutschlandradio Kultur. "In keiner dieser Diskussionsrunden und Verhandlungsrunden wurde jemals das Wort Schuldenschnitt erwähnt." Zwar werde in der Presse darüber spekuliert. Dies habe "aber mit den Arbeiten der Troika nichts zu tun". Diese prüft derzeit, ob Griechenland die vereinbarten Reformziele erreicht hat und frisches Geld bekommen kann, ohne das Mitte November eine Staatspleite droht. "Fertig sind die Verhandlungen noch nicht", sagte Wieser.

Er sprach sich dafür aus, Griechenland mehr Zeit zum Erreichen der vereinbarten Ziele einzuräumen. So sei ein Überschuss im Primärhaushalt von 4,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes derzeit kaum erreichbar. "Angesichts des Einbruchs der griechischen Wirtschaft halten wir das nur für sehr, sehr schwer erreichbar", sagte der Österreicher. "Wir haben noch keine Entscheidung darüber getroffen, aber es könnte sein, dass das um ein Jahr oder zwei verschoben werden könnte." Dieser Aufschub müsse die anderen 16 Euro-Länder kein zusätzliches Geld kosten. Die zusätzliche Liquidität für Griechenland könne über die bereits bestehenden Hilfsprogramme bereitgestellt werden.

Schäuble: Entscheidung über Hilfen erst im November

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) erwartet keine Entscheidung über weitere Hilfen für das hochverschuldete Griechenland vor Mitte November. "Es ist noch eine Menge Arbeit zu leisten", sagte Schäuble am Mittwoch vor Journalisten in Berlin. Zuvor hatte Schäuble an einer Telefonkonferenz der Eurogruppe über die Lage Griechenlands teilgenommen.

Mit dem Bericht der Gläubiger-Troika zum Stand der Verhandlungen mit der Regierung in Athen über weitere Spar- und Reformmaßnahmen sei nicht vor dem nächsten Treffen der Eurogruppe am 12. November zu rechnen, sagte Schäuble. Dann sei auch noch die Zustimmung des Bundestags nötig. "Daraus wird sich das Notwendige ergeben." Griechenland geht im November nach Angaben der Regierung in Athen das Geld aus.

(APD/dpa/RTR)
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