Schäuble-Berater im Interview "Athens Gläubiger sollten auf 60 Prozent verzichten"

Berlin (RP). Der Berater von Finanzminister Schäuble, Clemens Fuest, hält nichts von einem Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone und fordert die Gläubiger des Staates zu einem Teilverzicht auf.

Der Euro-Rettungsschirm ESM
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Foto: dpa, Boris Roessler

Für welchen Weg Griechenlands aus dem Schuldendebakel plädieren Sie?

Fuest Ein Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone wäre derzeit der falsche Schritt. Bevor wir diese Bombe zünden, sollten wir uns auf die Lösung des Schuldenproblems durch einen Schuldenschnitt konzentrieren. Die Umschuldung Griechenlands muss jetzt vorbereitet und im Sommer 2012 umgesetzt werden. Dann laufen die Hilfskredite für Griechenland aus, und Athen muss sich am freien Kapitalmarkt wieder Geld leihen. Es gibt berechtigte Zweifel, dass Athen das gelingt.

Wie hoch muss der Forderungsverzicht der Gläubiger sein?

Fuest Griechenland hat einen Schuldenstand von 150 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Damit die Investoren wieder Vertrauen in Griechenland fassen, müsste die Verschuldung auf 50 bis 60 Prozent sinken. Das bedeutet, dass die Gläubiger auf 60 bis 70 Prozent ihrer Forderungen verzichten müssen.

Was würde das für deutsche Banken bedeuten?

Fuest Deutsche Banken haben Griechenland etwa 26 Milliarden Euro geliehen. Der mit Abstand größte Teil davon entfällt auf staatliche Banken, auf die Landesbanken und den Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate (HRE). Zahlt Griechenland seine Schulden bei diesen Banken nicht zurück, haftet am Ende der deutsche Steuerzahler.

Besteht die Gefahr eines Domino-Effekts im Falle der Umschuldung?

Fuest Natürlich besteht die Gefahr, dass Investoren auch Portugal und Irland nichts mehr leihen, weil sie befürchten, dass auch sie ihre Schulden nicht komplett zurückzahlen werden. Der Fall Griechenlands ist aber anders gelagert als der Portugals oder Irlands. Diese beiden Länder könnten allein mit Hilfe der Rettungsschirme durch die Krise kommen, Griechenland aber wohl nicht. Es ist eine Aufgabe für Kommunikationsprofis, die Märkte von dieser Story zu überzeugen.

Birgit Marschall stellte die Fragen.

(RP)
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