Berlin Aufschwung überraschend stark

Berlin · Wegen des drastischen Ölpreisrückgangs wächst die Kaufkraft. Auch Lohnsteigerungen sprechen für eine robuste Nachfrage 2015. Die Stimmung in den Unternehmen steigt - auch in Nordrhein-Westfalen.

Zum Jahresende kehrt der Aufschwung zurück: Dank des niedrigen Ölpreises gewinnt die deutsche Wirtschaft seit einigen Wochen wieder spürbar an Fahrt. Das Konjunkturjahr 2015 könnte daher nach Einschätzung führender Ökonomen und Wirtschaftsverbände besser werden als das zu Ende gehende Jahr. "So kurz vor Weihnachten ist der Ölpreisrückgang ein unerwartetes Konjunktur-Geschenk, von dem wir auch 2015 noch etwas haben", sagt Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK). "Verbraucher und viele Unternehmen können sich freuen."

Die noch vor Wochen grassierenden Rezessionsängste sind verflogen - trotz des ungelösten Ukraine-Konflikts und der sich zuspitzenden Rubel-Krise in Russland. Denn wegen des drastischen Ölpreisrückgangs ist die Kaufkraft der Deutschen stark gestiegen. Die sinkenden Öl- und Benzinpreise haben den Autofahrern bereits im laufenden Jahr rund fünf Milliarden Euro auf der Tankrechnung erspart, berichtet der Mineralölwirtschaftsverband.

Ein baldiger Wiederanstieg des Rohölpreises ist vorerst nicht in Sicht - und so erwarten Ökonomen auch für das kommende Jahr spürbare positive Nachfrage- und Wachstumseffekte. Die Nettoeinkünfte steigen zudem wegen höherer Tariflohnabschlüsse und niedriger Inflation. Noch dazu senkt die Regierung den Rentenbeitragssatz zum 1. Januar 2015 von 18,9 auf 18,7 Prozent - auch das gibt Konsumenten und Investoren einen Schub.

Der Ölpreisverfall bedeute im kommenden Jahr "für sich genommen nach aktuellem Stand für Deutschland eine Entlastung um rund 20 Milliarden Euro", meint DIHK-Funktionär Wansleben. "Das bringt unter Berücksichtigung des schwächeren Euro mindestens 0,3 Wachstumspunkte", sagt der Vertreter der Wirtschaft. Der niedrige Euro-Kurs wirke noch zusätzlich positiv auf die Exporte.

Die Wirtschaftsforschungsinstitute haben ihre Wachstumsprognosen für 2015 bereits nach oben korrigiert. Zuletzt hob das Kieler Institut für Weltwirtschaft seine Vorhersage um 0,2 auf 1,7 Prozent an - nach 1,5 Prozent im laufenden Jahr. "Nach dem deutlichen Rückgang der Ölpreise und der spürbaren Abwertung des Euro spricht einiges dafür, dass 2015 mindestens so gut und sogar eher noch etwas besser wird als 2014", meint auch der Wirtschaftsweise Peter Bofinger.

Zwischen Frühjahr und Herbst durchlitt die deutsche Wirtschaft eine Schwächephase. Die Ukraine-Krise führte zunehmend zum Vertrauensverlust. Doch vor allem dank des Ölpreisverfalls hat sich der Wind in den vergangenen Wochen wieder gedreht. Das spüren die Unternehmen: Der wichtigste Frühindikator der deutschen Konjunktur, der Ifo-Geschäftsklimaindex, zeigte im Dezember zum zweiten Mal in Folge wieder nach oben.

Besonders deutlich hat sich die Stimmung der gewerblichen Wirtschaft Nordrhein-Westfalens aufgehellt. Das speziell für die NRW-Konjunktur errechnete Ifo-Geschäftsklima stieg im Dezember noch deutlicher an als der Ifo-Index für Gesamtdeutschland. Der NRW-Indikator kletterte um 2,4 auf 3,5 Punkte, heißt es in der Auswertung des Münchner Ifo-Instituts im Auftrag der NRW-Bank, die unserer Zeitung vorliegt. Der Gesamt-Index nahm dagegen nur um 0,8 Punkte zu. Das NRW-Geschäftsklima habe sich im Dezember "merklich verbessert", so die Ökonomen. Vor allem in der Industrie sei es "spürbar günstiger".

(mar)
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