Interview mit Thomas Lange Bankenchef warnt vor Gefahr für Sparer

Düsseldorf · Der Vorsitzende der Bankenvereinigung Nordrhein-Westfalen, Thomas Lange, spricht im Interview mit unserer Redaktion über das angeschlagene Image seiner Branche und die Diskussion über eine europäische Bankenunion. Deutsche Sparer sollten nicht für Geldhäuser in Südeuropa zahlen.

 Thomas Lange ist Vorsitzender der Bankenvereinigung Nordrhein-Westfalen.

Thomas Lange ist Vorsitzender der Bankenvereinigung Nordrhein-Westfalen.

Foto: Bretz, Andreas

Die Banken haben derzeit ein schlechtes Image. Hat das Vertrauen der Menschen in die Banken nicht extrem gelitten?

Lange Auf der einen Seite war das Ansehen unserer Branche insgesamt noch nie so schlecht wie heute — da gebe ich Ihnen Recht. Wenn Sie aber den Kunden fragen, wie zufrieden er mit seiner Hausbank ist, dann kommen Sie auf eine Zufriedenheitsquote von deutlich über 80 Prozent. Was die Menschen wollen, ist kontinuierliche Beratung, keinen ständigen Wechsel ihres Ansprechpartners. Die Menschen trauen den Bankern nicht, ihrem Berater schon. Und auch bei den Azubis ist unser Beruf immer noch beliebt. Nach wie vor sind die Bewerbungszahlen auf Höchstständen. Offenbar hat die Jugend eine andere Wahrnehmung.

Trotz Diskussion um Steueroasen, Steuerflucht und die Rolle der Banken dabei?

Lange Wir haben einen globalen Kapitalmarkt, da ist es insbesondere bei institutionellen Investoren naheliegend, dass Geld rund um den Erdball angelegt wird. Und wenn Geld in Singapur investiert wird, ist das für sich genommen noch keine Steuerhinterziehung. Im Übrigen erlaube ich mir den Hinweis, dass der freie Kapitalverkehr zu den grundlegenden Ideen der EU zählt.

Aber über die Managergehälter sind alle verdrossen. Ist die Gesetzesänderung, dass die Aktionäre über die Vergütung entscheiden, richtig?

Lange Faktisch passiert das ja schon längst. Und mir ist kein Fall bekannt, bei dem ein Aufsichtsrats-Votum von Aktionären nicht gebilligt wurde. Es ist richtig, dass der Aufsichtsrat die Gehälter festlegt. Da teile ich den Vorwurf der Kumpanei, der manchmal laut wird, nicht. Denen, die für eine Deckelung der Gehälter sind, kann ich nur zurufen: Der Staat sollte nur in marktwirtschaftliche Mechanismen eingreifen, wo Missbräuche offenkundig werden.

Zum Thema Bankenaufsicht: Sparkassen und Volksbanken wünschen sich eine geteilte europäische Bankenaufsicht, je nach Größe des Instituts. Können Sie das nachvollziehen?

Lange Nein. Eine europäische Bankenaufsicht ist unverzichtbar. Und wir brauchen auch eine einheitliche Aufsicht, um einen einheitlichen europäischen Finanzmarkt zu schützen. Dehalb bin ich dagegen, die Aufsicht zwischen der EU und den Nationalstaaten aufzuteilen.

Wenn wir eine einheitliche Aufsicht bekommen, gibt's dann eine gemeinsame Bankenhaftung in Europa?

Lange Entgegen allen öffentlichen Beteuerungen glaube ich nicht, dass die Diskussion darüber vom Tisch ist. Aber eine gemeinsame Haftung darf es nicht geben. Warum sollten die Sparer bei den deutschen Banken und Sparkassen für die Fehler in anderen Ländern haften? Das wäre mit dem Grundgesetz unvereinbar.

Am Ende ist das Eigenkapital die entscheidende Größe für die Stabilität und Leistungsfähigkeit einer Bank. Sind die Anforderungen aus Basel III in Europa vielleicht zu hoch?

Lange Im Gegenteil. Ich glaube, die Kreditwirtschaft müsste sogar noch mehr Eigenkapital bilden, als Basel III vorschreibt. Seien wir mal ehrlich: Wir würden keinem Mittelständler Kredit geben, der mit Eigenkapitalquoten wie unseren einen Kredit möchte. Und da wir den Mittelständlern nicht mehr abverlangen können, als wir selbst bereit sind zu leisten, müssen die Eigenkapitalquoten der Banken perspektivisch weiter steigen.

Wo soll das harte Kernkapital liegen?

Lange 15 Prozent halte ich je nach Risikogehalt des Institutes für eine sinnvolle Orientierungsgröße.

Müssen dann nicht viele Geldhäuser, um das zu erreichen, die Kreditvergabe einschränken? Und wäre das dann keine Gefahr für die Volkswirtschaft?

Lange Die Gefahr gibt es derzeit nicht. Die Kreditnachfrage ist zurückgegangen, von Kreditklemme kann keine Rede sein.

Wie beurteilen Sie den Finanzplatz Nordrhein-Westfalen?

Lange NRW ist mit Abstand der größte Finanzplatz in Bezug auf das kundengetragene Bankgeschäft. In keinem anderen Bundesland sind die Einlagen mit 600 Milliarden Euro und Kredite mit 575 Milliarden Euro so hoch wie in Nordrhein-Westfalen.

Georg Winters führte das Gespräch.

(RP)
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