Börse Dax schießt auf fast 10.000 Punkte hoch

Frankfurt/Main · Stimmungsumschwung am deutschen Aktienmarkt: Weil sich jüngsten Umfragen zufolge derzeit eine Mehrheit für den Verbleib Großbritanniens in der EU abzeichnet, haben sich die Anleger am Montag wieder weit zurück aus ihrer Deckung getraut.

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Foto: dpa, Fredrik Von Erichsen

Der Dax kletterte bis Handelsschluss um 3,43 Prozent auf 9962 Punkte. Zeitweise hatte sich der deutsche Leitindex sogar bis auf knapp drei Punkte der psychologisch wichtigen Marke von 10.000 Punkten genähert.

"Jetzt auf einmal will kein Anleger mehr die Rally verpassen, sollten die Briten am Donnerstag für Europa stimmen", kommentierte Jochen Stanzl von CMC Markets.

Auch der breitere Markt schloss am Montag deutlich fester: Der MDax der mittelgroßen Konzerne rückte um 3,32 Prozent auf 20.343 Punkte vor, der Technologiewerte-Index TecDax stieg um 2,73 Prozent auf 1618,46 Zähler.

In Paris beendete der Leitindex CAC 40 den Handelstag mit einem Plus von 3,5 Prozent. In London legte der FTSE 100 um drei Prozent zu. Auch die US-Börsen starteten positiv.

"Eine größere Wahrscheinlichkeit, dass das Vereinigte Königreich für einen Verbleib stimmt, ist eine Erleichterung für die Märkte", erklärte Analyst Mike van Dulken von Accendo Markets. Einer neuen Umfrage zufolge wollen 45 Prozent der Briten für einen Verbleib in der Europäischen Union stimmen, 42 Prozent dagegen. Die Buchmacher William Hill und Paddy Power gaben die Wahrscheinlichkeit, dass die Briten beim Referendum am Donnerstag für den EU-Verbleib stimmen, am Montag mit 82 Prozent an.

Alle warnen vor dem Brexit

Die Sorgen um einen EU-Austritt der Briten hatten die Börsen in der vergangenen Woche ins Minus gezogen; der Dax verlor mehr als zwei Prozent. Am Montag schlossen zunächst die asiatischen Börsen im Plus, bevor auch in Europa die Kurse nach oben gingen. Später starteten die US-Börsen ebenfalls positiv in den Tag. Der Dow Jones legte in den ersten fünf Minuten fast ein Prozent zu.

Weitere deutsche Wirtschaftsvertreter schlossen sich am Montag den zahlreichen Warnungen vor einem Brexit an. Der Präsident des Außenhandelsverbands BGA, Anton Börner, erklärte, ein EU-Austritt der Briten "wäre eine Katastrophe für alle und vor allem auch für uns in Deutschland". Es werde in diesem Fall "keine Gewinner, sondern nur Verlierer" geben. Börner warnte vor einer Verschlimmerung der europäischen Schuldenkrise und vor steigenden Arbeitslosenzahlen.

Der Maschinenbauverband VDMA fürchtet ebenfalls negative Folgen. "Einem Brexit würde eine lange Phase der Unsicherheit folgen", erklärte VDMA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann. "Das wäre Gift für das ohnehin schon getrübte Investitionsklima in der EU." Für den Maschinenbau gehöre Großbritannien zu den "Kernmärkten", weshalb ein EU-Austritt des Landes "ein großer Verlust für diese Industrie" wäre.

Auch der Hightech-Verband Bitkom sagte für den Fall des EU-Austritts der Briten Umsatzeinbußen voraus. Für die Digitalwirtschaft sei Großbritannien seit Jahren einer der zehn wichtigsten Handelspartner. "Auch unabhängig von den konkreten wirtschaftlichen Folgen wäre ein klares Ja der Briten für den Verbleib in der EU das richtige Signal für ein starkes, digitales Europa", mahnte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder.

Volkswagen-Aktien legen fünf Prozent zu

Europaweit profitierten am Montag insbesondere Bankenwerte und Finanzdienstleister vom sinkenden Brexit-Risiko. Den Dax führten die zuletzt arg gebeutelten Papiere der Deutschen Bank mit einem Kursaufschlag von 5,89 Prozent an. Commerzbank-Aktien verteuerten sich um 2,74 Prozent.

Volkswagen-Vorzüge kletterten nach einer frischen Kaufempfehlung durch die US-Bank JPMorgan um 5,05 Prozent. Dass die Staatsanwaltschaft Braunschweig im Abgas-Skandal wegen des Verdachts der Marktmanipulation nun auch gegen den zurückgetretenen VW-Konzernchef Martin Winterkorn ermittelt, bewegte indes kaum.

TAG Immobilien landeten am MDax-Ende. Der Immobilienkonzern schüttet eine Dividende von 0,55 Euro je Anteilsschein aus. Die Aktien des MDax-Neulings Schaeffler stiegen um 2,25 Prozent, während die von Wincor Nixdorf um unterdurchschnittliche 1,67 Prozent im SDax zulegten. Der Kassensystemhersteller, der zu großen Teilen vom US-Rivalen Diebold übernommen wurde, musste seinen Platz mit dem Autozulieferer tauschen. Das hatte die Deutsche Börse bereits Anfang Juni bekannt gegeben.

Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 schloss um 3,29 Prozent höher bei 2942,88 Punkten. Auch die Börsen in Paris und in London verbuchten deutliche Gewinne. An der Wall Street stand der Dow Jones Industrial zum Handelsende in Europa mit mehr als einem Prozent im Plus.

Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von minus 0,13 Prozent am Freitag auf minus 0,08 Prozent. Der Rentenindex Rex fiel um 0,16 Prozent auf 142,96 Punkte. Der Bund Future sank zuletzt um 0,35 Prozent auf 164,43 Punkte. Der Kurs des Euro stieg. Die EZB setzte den Referenzkurs auf 1,1332 (Freitag: 1,1254) US-Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,8825 (0,8886) Euro.

(felt/dpa/AFP)
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