Das bringt die dritte Kaffeewelle Die Renaissance des Brühkaffees

Düsseldorf · Das beliebteste Heißgetränk der Deutschen macht einen Wandel durch: Cappuccino und Latte Macchiato war gestern - der Trend geht zurück zum guten alten Brühkaffee. Mit Omas Filter-Kaffee haben die Szenecafés in New York, Berlin und London aber rein gar nichts zu tun. In den sogenannten "Brew Bars" treffen sich wahre Kaffee-Feinschmecker. Wer den "neuen" Kaffee probieren will, kann das in Köln und Bonn bereits tun.

Der Brühkaffee kommt zurück
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Der Brühkaffee kommt zurück

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Foto: Einbrand

Die Anhänger der neuen Kaffee-Bewegung tragen gerne Vollbart, trinken ihren Kaffee ohne Milch und Zucker und sie reden über Wasser-Temperatur, Brühmethoden und den Mahlgrad des Kaffeepulvers. Rund um den Genuss von Brühkaffee hat sich eine regelrechte Wissenschaft entwickelt. Anbietern sowie Kunden geht es um Qualität, Herkunft und Zubereitungsweise. Beide Seiten wollen genau wissen, wo der Kaffee herkommt. So wissen eingefleischte Brühkaffee-Trinker, dass die Arabica-Pflanze am besten 600 bis 1200 Meter über dem Meeresspiegel gedeiht und ursprünglich aus Äthiopien stammt - wohingegen die Robusta-Bohne aus dem Kongo niedrigere Höhenlagen (300 bis 800 Meter) bevorzugt.

Dieses starke Kaffee-Engagement bezeichnen Fachleute als die dritte Kaffee-Welle:

Die drei Wellen des Kaffees

Als die erste Kaffee-Welle wird die Filterkaffeephase der 50er und 60er Jahre bezeichnet. Die Regale in den Supermärkten waren voll von dem braunen Pulver: gemahlen, vakuumverpackt und im handlichen Ziegelsteinformat. Kaffee entwickelte sich zum Massenprodukt: Auf einmal konnte sich jeder ein Getränk leisten, das vorher nur der Oberschicht vorenthalten war.

Unter die zweite Welle fallen die schnellen, mit Hochdruck gebrühten Espressogetränke, die in den 90er Jahre in Mode kamen. Dieser Hype gipfelte im Kaffee-ToGo-Geschäft und Kaffeegetränken mit viel Milch, Sirup und künstlichen Aromen — wie etwa Starbucks ihn weltweit perfektionierte. Auch die Kaffees aus den Kapsel- und Padmaschinen gehören der zweiten Kaffee-Welle an.

Und jetzt schwappt langsam die dritte Welle — auch "Third Wave" genannt — nach Deutschland über: Hierbei liegt der Fokus sehr stark auf dem Verarbeitungsprozess des Kaffees. Wo kommen die Bohnen her, wie wurden sie angebaut, gehandelt, geröstet, gemahlen und zubereitet? All diese Schritte werden genau hinterfragt. Durch volle Transparenz kann Kaffee sogar bis zum Strauch zurückverfolgt werden. Zentral bei der dritten Kaffee-Welle ist außerdem die Geschmacksvielfalt der verschiedenen Kaffeesorten.

Von New York, über Berlin ins Rheinland

Ihren Ursprung hat die "Third Wave"-Entwicklung in den USA. Bereits seit Ende der 90er Jahre wird Kaffee dort wieder gebrüht getrunken. In Deutschland ist der Trend der "Brew-Bars" erst im Kommen. Was es lange nur in Berlin zu bewundern gab, findet nun seinen Weg auch in andere deutsche Großstädte. So können Kaffee-Liebhaber etwa in der Kaffeeschule Bonn lernen, wie richtiger Brühkaffee zubereitet wird. Und auch in Köln haben inzwischen eine Brew-Bar ("The Coffee Gang") und die Kaffee-Rösterei "Einbrand" mit Schwerpunkt Brühkaffee eröffnet.

Gute Preise für guten Kaffeegenuss

Ähnlich wie bei guten Weinen von renommierten Winzern liegt auch der Preis für hochwertigen Kaffee deutlich über dem Normalpreis: Abhängig von der Bohnenqualität werden zwischen 18 und 100 Euro für ein Kilo Spitzenkaffee bezahlt — rund 20 Mal so viel wie der Weltmarktpreis.

Die Zubereitung von Brühkaffee ist eine Wissenschaft für sich

Maschine kurz vorheizen, Kapsel einlegen, Knopf drücken — fertig. So schnell hat man eine Tasse feinsten Brühkaffee nicht zubereitet. Richtiges Brühen will gelernt sein. Kaffee-Avantgardisten auf der ganzen Welt und tummeln sich in Blogs und bei YouTube, um sich über die verschiedenen Brühmethoden zu informieren. Um aus Kaffeepulver den optimalen Geschmack zu extrahieren, müssen mehrere Faktoren stimmen: Temperatur und Geschwindigkeit, mit der das Wasser durch den Brühkopf gedrückt wird, der Mahlgrad und die Dichte des Pulvers. Ein ganzes Jahr braucht es, bis ein Barista die nötige Erfahrung gesammelt hat, um bei jeder Tasse ein gleichbleibend gutes Ergebnis zu erzielen.

Der Weg zum perfekten Brühkaffee ist mannigfaltig

Denn nicht nur die Kaffeesorten unterscheiden sich erheblich voneinander — auch die Brühverfahren könnten nicht unterschiedlicher sein.

Kaffee Brühen im Siphon: Hierbei wird Wasser in einem bauchigen Glasgefäß durch eine Halogenlampe oder einen Spiritusbrenner erhitzt. Das Wasser drückt dann durch ein Steigrohr nach oben in den Kaffeebehälter. So entsteht Unterdruck, der das Wasser wieder zurückzieht. Sauber gefiltert landet der frische Kaffee schließlich wieder im Glasgefäß und ist verzehrfertig. Kostenpunkt etwa 90 Euro (Hario Technica Kaffee-Syphon).

Brühen mit Drip Pot: Ein Baumwollfilter wird in den Karaffenhals gelegt, mit Kaffeepulver befüllt und anschließend mit Wasser aufgegossen. Der Filter aus Baumwolle sorgt für klaren, charakteristischen Kaffee. Ein Drip Pot (480 ml) kostet etwa 50 Euro.

Brühen mit der Aeropress: In einen Plexiglaszylinder wird Kaffee gefüllt und mit heißem Wasser aufgegossen. (Aeropress inklusive 350 Filter für etwa 27 Euro)

Cold Dripper: Hierbei tropft schmelzendes Eis oder kaltes Wasser in das Kaffeepulver — je langsamer, desto konzentrierter ist die kalte Essenz. Kostenpunkt etwa 200 Euro.

Brühen mit dem Handfilter: Besonders beliebt ist der "V 60" von Hario (etwa 20 Euro). Er hat eine größere Öffnung und an den Wände geschwungene Rillen, die dafür sorgen, dass das Wasser gleichmäßig durch den Kaffee sickert.

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