Käufe künftig nur noch über Banken Bund gibt keine Schatzbriefe mehr aus

Düsseldorf · Nach mehr als vier Jahrzehnten stellt die Finanzagentur den Verkauf von Bundeswertpapieren an Privatanleger zum Jahresende ein. Danach gibt es keine neuen Schatzbriefe mehr. Anleihen und Obligationen gibt es dann nur noch über Banken und Sparkassen. Die Verwaltung wird teurer.

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Wissen Sie, was ein paar Münchner Schüler, ein damaliger Pförtner des Bundeswirtschaftsministeriums und ein Schaffner der Kölner Straßenbahn vor mehr als 43 Jahren gemeinsam hatten? Sie bekamen von drei Ministern noch in der Zeit der ersten großen Koalition in Deutschland Bundesschatzbriefe geschenkt.

Die Schüler von Finanzminister Franz-Josef Strauß (CSU) an dessen Wohnort Rott am Inn, der Pförtner von "seinem" Ressortchef Karl Schiller (SPD) in Bonn und der Schaffner von Arbeitsminister Hans Katzer (CDU) in dessen rheinischer Heimat. Sie gehörten zu den ersten Inhabern des neuen Produkts, das vom Minister-Trio erfunden worden war und den Kleinsparern Ende der 60er Jahre mit Zinsen bis acht Prozent schmackhaft gemacht werden sollte.

Knapp viereinhalb Jahrzehnte später steht die Ausgabe der Schatzbriefe vor dem Aus. Die Finanzagentur des Bundes will den Verkauf von Bundeswertpapieren an Privatinvestoren zum Jahresende einstellen. "Das Bundesministerium der Finanzen hat unter dem Gebot einer möglichst kostengünstigen Gestaltung der Kreditaufnahme des Bundes entschieden, das Privatkundengeschäft mit Bundeswertpapieren unter den aktuellen Rahmenbedingungen nicht weiter fortzusetzen und den Vertrieb von Privatkundenprodukten zum Jahresende 2012 einzustellen", teilte die Finanzagentur auf ihrer Homepage mit.

Anleihen künftig nur noch bei Banken

Das heißt: Keine Schatzbriefe mehr, keine Anleihen mehr, keine Finanzierungsschätze und Obligationen mehr direkt für Kleinanleger. Diese können Anleihen und Obligationen — also die über die Börse handelbaren Papiere — danach nur noch über ihre Bank kaufen und dort verwalten lassen. Das aber kostet Geld, während die Finanzagentur die Konten unentgeltlich verwaltet hat.

Das tut sie auch weiterhin bis zum Ende von deren Laufzeit für Papiere, die im Bestand sind oder bis Jahresende über die Finanzagentur gekauft werden. Wer als Privatanleger Bundeswertpapiere über seine Bank oder Sparkasse erworben hat, kann sie nur noch bis zum 22. August auf ein Konto bei der Finanzagentur übertragen lassen. Für Schatzbriefe heißt das: Wer noch in diesem Jahr zuschlägt, erwirbt damit das Recht, die Schatzbriefe bis 2018 oder 2019 bei der Finanzagentur aufbewahren zu lassen — je nachdem, ob er den Schatzbrief des Typs A mit sechs Jahren Laufzeit oder jenen des Typs B mit sieben Jahren Laufzeit gekauft hat.

Ende einer Erfolgsgeschichte. In den 70er und 80er Jahren waren die Bundesschatzbriefe ein Renner für risikoscheue Privatinvestoren, weil sie deutlich mehr Zinsen abwarfen als das traditionelle Sparbuch. Und sie hatten den großen Vorteil, dass man sie ohne Kursrisiko schon nach einem Jahr wieder zurückgeben konnte — vorausgesetzt, der Nennwert der gekauften Papiere war nicht höher als 5000 Euro.

Doch jetzt lohnt sich das Geschäft für den Bund offensichtlich nicht mehr — zumal 200 Mitarbeiter ihn auch einen zweistelligen Millionenbetrag pro Jahr kosten dürften. Die bei der Finanzagentur auf rund 330 000 Privatkonten liegenden etwa 8,5 Milliarden Euro machen nicht mal ein Prozent der weit mehr als eine Billion Euro aus, die der Bund derzeit an Schuldenpapieren emittiert hat. Und es sind auch deutlich weniger als zu den Hochzeiten vor vier Jahren, als die Bestände auf den Schuldbuchkonten nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers auf beinahe 13 Milliarden Euro gestiegen waren.

Das Kalkül des Bundes: Anleihen mit Null-Zins-Kupon, also ohne Zinsen, sind weniger aufwändig und kostengünstiger zu verwalten als beispielsweise Schatzbriefe in kleinen Stückelungen, für die man den Privatinvestoren noch Zinsen zahlen muss — auch wenn die Rendite zuletzt bei 0,18 Prozent schon sehr bescheiden war.

(RP/felt/csi)
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