Schäuble warb für Unterstützung Bundestag stimmt der Griechenland-Hilfe zu

Berlin (RPO). Der Bundestag hat neuen Finanzhilfen für das hoch verschuldete Griechenland zugestimmt. Für einen entsprechenden Entschließungsantrag der Regierungsfraktionen CDU, CSU und FDP stimmten am Freitag in Berlin die Abgeordnete mehrheitlich. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte zuvor um Unterstützung geworben.

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Foto: dpa, Boris Roessler

Wird Griechenland nicht unterstützt, bestehe die "akute Gefahr der Zahlungsunfähigkeit" mit schwerwiegenden Gefahren für die gesamte Eurozone und die globale Entwicklung, sagte Schäuble am Freitag in einer Regierungserklärung.

Deutschland als wirtschaftlich erfolgreichstes Land in Europa habe den größten Vorteil von stabilen Wechselkursen durch die gemeinsame Währung, so Schäuble. "Weil wir den größten Vorteil haben, haben wir auch eine große Verantwortung für Europa", hob der CDU-Politiker hervor. Deutschland müsse seiner Verantwortung gerecht werden, "wir müssen Europa zusammenführen", sagte Schäuble weiter. Die Bundesregierung sei dazu bereit und bitte das Parlament um seine Unterstützung.

Der Finanzminister betonte erneut die Notwendigkeit einer Einbeziehung privater Gläubiger, um eine faire Lastenverteilung zwischen der öffentlichen und der privaten Seite zu erreichen. "Wir müssen auf der Beteiligung des Privatsektors bestehen", sagte Schäuble. Zugleich verwies er darauf, dass in Griechenland erste Anzeichen für eine Wachstumserholung zu erkennen seien. Ab 2012 sei eine allmähliche Erholung zu erwarten.

Griechenland benötigt zur Vermeidung einer Staatspleite nach Angaben von EU-Diplomaten 90 Milliarden Euro zusätzlich an Finanzhilfen. Dem Land wurden vor rund einem Jahr bereits internationale Notkredite über insgesamt rund 110 Milliarden Euro zugesprochen.

Probeabstimmung mit Gegenstimmen

Die Bundestagsfraktionen selbst verlangen mehr Mitspracherechte bei Finanzhilfen für angeschlagene Staaten und wollen auch private Gläubiger bei der Griechenland-Rettung in die Pflicht nehmen. Die Abgeordneten von Union und FDP stimmten am Donnerstagabend mit großer Mehrheit einem gemeinsamen Entschließungsantrag zu, wonach das notleidende Land die weiteren Milliardenspritzen nur unter strengen Auflagen erhalten soll.

In der Fraktion von CDU und CSU votierten bei der Probeabstimmung nach Angaben aus Fraktionskreisen acht Abgeordnete gegen den Antragsentwurf, vier enthielten sich. Insgesamt sei die Stimmung aber positiv gewesen und die geplanten Maßnahmen seien als Schritt in die richtige Richtung gewertet worden, hieß es.

Bei der FDP war nach einer turbulenten dreistündigen Sitzung zunächst aus Fraktionskreisen von zwei Gegenstimmen die Rede. Später verkündete Fraktionschef Rainer Brüderle, dass sich von den 93 Abgeordneten einer enthalten und einer gegen den Antrag stimmen werde. Der Freidemokrat sprach von einer "Bewährungsfrage". Die Koalition verfügt im Parlament über eine Mehrheit von 37 Abgeordneten.

Der Entschließungsantrag sieht neben dem Beitrag privater Gläubiger auch eine Beteiligung des Internationalen Währungsfonds (IWF) vor. Bei Vereinbarungen mit finanziellen Auswirkungen soll zudem die Zustimmung des Bundestags künftig zwingend sein.

Zwölf Milliarden im Juli

Am Nachmittag hatte auch der Haushaltsausschuss über neue Hilfen für Griechenland beraten. Diskutiert wurde zunächst über den nächsten vorgesehenen Kredit von zwölf Milliarden Euro, der im Juli fällig wird. Die Troika aus IWF, Europäischer Zentralbank (EZB) und EU-Kommission hat sich gegen die Auszahlung der nächsten Kredittranche unter den derzeitigen Bedingungen ausgesprochen, weil sie davon ausgeht, dass Griechenland 2012 nicht auf die Finanzmärkte zurückkehren kann, wie ursprünglich geplant war. Ein neues Rettungsprogramm für Griechenland soll deshalb noch vor der Auszahlung der nächsten Tranche beschlossen werden.

Das derzeitige Hilfspaket für Griechenland war 2010 mit einer Laufzeit von drei Jahren aufgelegt worden und soll in mehreren Raten ausgezahlt werden. Schäuble geht nach dapd-Informationen davon aus, dass ein weiteres Paket im Umfang von 90 Milliarden Euro notwendig ist.

Damit das Geld letztendlich nicht nur der Steuerzahler aufbringen muss, sollen auch die privaten Gläubiger beteiligt werden. Das sind hauptsächlich Banken. Nach Angaben aus Regierungskreisen gibt es kaum private Anleger, die griechische Staatsanleihen gezeichnet haben. Außerdem soll der griechische Staat Eigentum verkaufen. Aus Unionskreisen heißt es, dass damit bis zu 50 Milliarden Euro in die Kasse kommen könnten.

Wie aus Regierungskreisen verlautete, gibt es gute Chancen, dass sich die Deutschen mit ihren Vorstellungen in Brüssel durchsetzen. Denn ohne Deutschland gehe gar nichts, was weitere Hilfen insgesamt angehe. Auch gebe es bei den Banken die Einsicht, dass es besser sei, notfalls auf einen Teil des Geldes zu verzichten als eine Pleite Griechenlands hinzunehmen.

Angst vor Staatsbankrott

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nannte nach Angaben des Bundestages als Bedingungen für weitere Gelder, dass "Problem der Unterfinanzierung gelöst ist". Griechenland muss demnach den Schuldenabbau durch ein "effektives Privatisierungsprogramm" vorantreiben und das Wirtschaftswachstum vorantreiben, sagte er in dem Bundestagsgremium. Erneut hob der CDU-Politiker die Notwendigkeit hervor, auch private Gläubiger zur Kasse zu beten. Nur eine faire Lastenteilung zwischen der öffentlichen und der privaten Seite könne den Finanzierungsbedarf Griechenlands dauerhaft decken.

Zugleich wies Schäuble aber darauf hin, dass bei einer Nichtauszahlung der Finanzhilfen Griechenland im Juli zahlungsunfähig sein werde. Dies würde erhebliche Auswirkungen auf die Stabilität des Euros haben.

Lindner: Sind in einer Zwickmühle

Die FDP hält es nicht für ausgeschlossen, dass Griechenland trotz eines Ende Juni zu beschließenden Hilfspaketes der EU nicht auf die Beine kommt. Nach den aktuell diskutierten Milliardenhilfen könne es passieren, dass weitere Hilfen nötig würden, sagte der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Martin Lindner dem "Tagesspiegel". Um das zu verhindern, müssten bei der Umsetzung der Sanierungsziele des südeuropäischen Nachbarn "jetzt die Zügel der Kontrolle" angezogen werden.

"Wir brauchen mehr Sicherheit, dass die harten Sanierungsauflagen etwa zur Privatisierung des Staatsvermögens in Griechenland auch eingehalten werden", sagte Lindner. Dennoch wehrte sich der FDP-Politiker gegen Forderungen auch aus den eigenen Reihen, Griechenland den Austritt aus dem Euro-Raum zu empfehlen oder einen harten Schuldenschnitt durchzuführen. Niemand wisse, was eine radikale Umschuldung der griechischen Schulden für Auswirkungen auf andere europäische Länder, die deutsche Wirtschaft und den Euro hätte. "Wir sind in einer Zwickmühle", sagte Lindner, "Helfen wir ohne strikte Bedingungen, wird das ein Fass ohne Boden. Helfen wir nicht, wird es uns noch schlimmer erwischen".

SPD-Chef Sigmar Gabriel erklärte am Donnerstagabend, es sei richtig, private Gläubiger zu beteiligen. Das allein reiche aber nicht aus. So müsse es eine zusätzliche Absicherung über Eurobonds geben sowie eine stärkere Beteiligung der Finanzmärkte, um die Voraussetzungen für mehr Investitionen in Südeuropa zu schaffen.

EZB-Chef Jean-ClaudeTrichet sprach sich hingegen in Frankfurt am Main gegen jede Beteiligung des privaten Sektors aus, die nicht absolut freiwillig wäre. Er kritisierte, dass die Debatte um eine Einbeziehung des privaten Sektors wie Banken und Versicherungen in eine Sanierung Griechenlands verengt werde auf einen Verzicht der Kreditgeber. Auch Privatisierung stelle private Beteiligung dar, betonte er.

(apd/AFP/das)
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