Argentinien vor der Staatspleite Cristina Kirchner und der Kampf gegen die "Geierfonds"

Caracas · Noch bleiben Argentinien ein paar Stunden, um die drohende Staatspleite abzuwenden. Am Donnerstag sechs Uhr MESZ läuft die Frist ab, bis zu der das Land zwei US-Hedgefonds das geforderte Geld überweisen muss. Für Staatspräsidentin Cristina Kirchner aber ist der Kampf gegen die "Geierfonds" inzwischen schon zu einer Prinzipfrage geworden.

 Cristina Kirchner, Präsidentin von Argentinien.

Cristina Kirchner, Präsidentin von Argentinien.

Foto: afp, es/ma

2015, wenn in Argentinien wieder Präsidentschaftswahlen anstehen, dann ist ihre Zeit vorbei: Cristina Kirchner. Ihr Ehemann, der inzwischen verstorbene Nestor Kirchner, war es, der das Land nach der Staatspleite 2001 wieder aufbauen und zu neuem Stolz bringen wollte. Er war es, der ereichte, dass sich viele Gläubiger auf einen Schuldenschnitt einließen. Und dies will die amtierende Präsidentin in ihrer ablaufenden Amtszeit um keinen Preis aufgeben.

Denn sie weiß, das für das Land viel auf dem Spiel steht — sowohl, wenn Argentinien die Hedgefonds bedient als auch wenn es dies nicht tut. Wenn Argentinien bis zum Ende des Tages Zahlungen für Schulden bei übrigen Gläubigern nicht überweist, dürften Ratingagenturen einen Zahlungsausfall erklären. Das Land wäre dann weitgehend vom internatinalen Kapitalmarkt ausgeschlossen, die Preise könnten zulegen und auch die Währung an Wert verlieren.

Bedient sie aber die Forderungen der beiden Hedgefonds, dann könnten auch die Vereinbarungen mit den anderen Gläubiger, die mit dem Land einen Schuldenschnitt vereinbart hatten, jetzt noch platzen. Und das könnte, so fürchtet die argentinische Regierung, dann letztlich wirklich zu einer Staatspleite führen. Denn zahlungsunfähig, das hatte Kirchner zuletzt am Dienstag betont, ist das Land nicht.

Ein US-Richter blockiert das argentinische Konto

Eine Einstufung als "technisch zahlungsunfähig", wie sie durch die Ratingagenturen droht, sehe sie nicht als sinnvoll an, sagte Kirchner. Denn Argentinien sei durchaus bereit, die Forderungen aller Gläubiger zu bedienen. Allerdings seien dafür "gerechte, ausgeglichene, legale und nachhaltige Bedingungen" nötig, sagte sie beim Gipfel des südamerikanischen Wirtschaftsblocks Mercosur. "Default heißt, dass einer nicht zahlt, und Argentinien hat gezahlt", hob sie noch einmal hervor.

Tatsächlich lagert das Geld, das Argentinien seinen Gläubiger schuldet, auf einem Bankkonto. Doch das wird durch einen US-Richter blockiert. Denn nach der Pleite des Landes im Jahr 2001 waren es nicht alle Gläubiger, die auf einen Großteil ihrer Forderungen verzichteten, um überhaupt Geld zu sehen. Manche hatten Staatspapiere auch erst erworben, als das Land am Boden lag und fordern nun den Nennwert der Anleihen zurück. Und dazu gehören eben auch die beiden Hedgefonds NML Capital und Aurelius, die 1,3 Milliarden Dollar fordern.

Sie schafften es, bei einem US-Richter die Verfügung zu erwirken, dass Argentinien all seine anderen Schuldner nicht bedienen darf, solange nicht die beiden Fonds bedient werden. Der US-Richter hat diese Macht, weil die Anleihen nach US-Recht ausgegeben wurden und die Auszahlungen über eine New Yorker Bank laufen. Das Geld hat Argentinien, will aber nicht zahlen. Für die sozialistische Kirchner sind es "Geierfonds", die sich nur bereichern wollen an dem Land. Und so lässt sich Kirchner schon seit Wochen auf einen Ritt auf Messers Schneide ein.

Das erste Gespräch von Angesicht zu Angesicht

Erst in der Nacht zum Mittwoch gab es erstmals direkte Gespräche zwischen der Regierung und den Hedgefonds. Die Vertreter der Kontrahenten hätten sich "heute Nacht für mehrere Stunden in meinem Büro und in meiner Anwesenheit" getroffen, erklärte der gerichtlich bestellte Schlichter Daniel Pollack. "Es hat ein offener Austausch von Meinungen und Bedenken stattgefunden. Die Streitfragen, die die Parteien trennen, aber blieben ungelöst.

Und so läuft ein Wettlauf gegen die Zeit, bei dem auch Argentinien hoch pokert. Denn noch immer hoffen sie, das die Fonds wenigstens nachgeben und ihre Forderung bis Ende des Jahres auf Eis legen. Denn dann läuft die Umschuldungsklausel aus, nach der Argentinien seine kompletten Schulden zu bezahlen hat, wenn es auch nur einen Gläubiger voll auszahlt.

Ließen sich die Hedgefonds darauf ein, bekämen sie Anfang des neuen Jahres ihr Geld — und alle anderen auch das, was sie mit dem Schuldenschnitt vereinbart haben. Und eines dürfte auch den Hedgefonds inzwischen klar sein. Kirchner gibt die unerbittliche Verhandlerin. Und sollte sie wirklich das Land in die technische Zahlungsunfähigkeit rutschen lassen, dann hätten auch sie ein Problem: Denn bei einer Staatspleite kämen auch sie nicht mehr an ihr Geld.

mit Agenturmaterial

(das)
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