Börse Dax auf Talfahrt nach Wahlpatt in Italien

Frankfurt/Main · Sorgen um ein Wiederaufflammen der Euro-Schuldenkrise nach dem Wahlpatt in Italien haben am Dienstag den deutschen Aktienmarkt kräftig belastet. Der Dax schloss unter der Marke von 7600 Punkten und gab seine Jahresgewinne komplett wieder ab.

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Foto: dpa, Fredrik Von Erichsen

Mit einem Abschlag von 2,27 Prozent bei 7597 Punkten ging der Leitindex aus dem Handel. Seit der Veröffentlichung der ersten Prognosen am Vortag beläuft sich das Minus auf 3,35 Prozent. Positive Konjunkturdaten aus den USA und die Verteidigung der US-Politik des lockeren Geldes durch Notenbankchef Ben Bernanke fanden keine Beachtung. Der MDax büßte am Dienstag 1,06 Prozent auf 13.002 Punkte ein, und der TecDax verlor 1,04 Prozent auf 903,41 Punkte.

Nach der Schicksalswahl in Italien wächst die Sorge vor einem Wiederaufflammen der Euro-Staatsschuldenkrise.
Die drohende politische Blockade in Rom schickte am Dienstag die Aktienkurse weltweit in den Keller. Besonders hart traf es den Mailänder Leitindex FTSE MIB mit einem Minus von fast 4,9 Prozent, der EuroStoxx 50 musste mit einem Abschlag von knapp 3,1 Prozent ebenfalls deutlich Federn lassen. In den USA hingegen verzeichnete der Dow Jones Industrial zum europäischen Börsenschluss Gewinne von 0,50 Prozent.

An den Devisen- und Anleihemärkten herrschte Katerstimmung. Der Euro geriet massiv unter Druck. Nach Bekanntgabe des politischen Patts in Rom rutschte die Gemeinschaftswährung zeitweise auf 1,3019 US-Dollar und damit auf den tiefsten Stand seit Mitte Januar.

Das Euro-Krisenland Italien musste höhere Zinsen für frisches Geld zahlen. Die Auktion galt als Test für eine an diesem Mittwoch anstehende Versteigerung im Volumen von 6,5 Milliarden Euro. Ausgerechnet in der turbulenten Wahlwoche versucht die drittgrößte Euro-Volkswirtschaft, Staatspapiere im Gesamtvolumen von fast 20 Milliarden Euro zu platzieren.

Hängepartie in Italien?

Italien droht eine wochenlange Hängepartie bei der Regierungsbildung mit unabsehbaren Folgen für den Euro. Keines der politischen Lager hat in beiden Parlamentskammern eine ausreichende Mehrheit. In Europa wächst die Sorge vor einer Unregierbarkeit des hoch verschuldeten Krisenlandes, das tief in einer Rezession steckt.

"Berlusconi hat wohl das politische Comeback des Jahrhunderts geschafft - oder kann zumindest eine Hängepartie erzwingen", sagte Händler Jordan Hiscott von Gekko Markets. Beides sei Gift für die Aktienmärkte. Italien gilt als wichtiger Dominostein in Sachen Euro-Rettung. "Viele fragen sich jetzt, wohin die Reise geht", erklärte Sidi Kleefeld von der Deutschen Bank.

Der Konjunkturchef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Ferdinand Fichtner, sieht den Euro allerdings nicht in Gefahr. "Nur weil sich die politischen Kräfte in Italien in den nächsten sechs Monaten die Köpfe einschlagen", sagte Fichtner der Online-Ausgabe des "Handelsblatts". Länger werde die Regierung ohnehin nicht durchhalten. Ökonomen der Citigroup warnten, die Lösung der Staatsschuldenkrise könnte jetzt schwieriger werden. In den kommenden Tagen werde in Italien entschieden, ob die Eurozone Zukunft habe, so die Bremer Landesbank.

Der Wirtschaftsweise Lars Feld sieht einen Rückschlag für die Stabilisierung der Eurozone. "Investoren werden ihr Kapital aus Italien abziehen", sagte der Freiburger Finanzwissenschaftler der "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Mittwochausgabe). Die italienische Wirtschaft werde nicht aus der Rezession herausfinden. "Damit ist die Tragfähigkeit der italienischen Staatsfinanzen erneut in Frage gestellt. Die Euro-Krise wird daher in Kürze mit aller Macht zurückgekehrt sein."

In Japan sorgte das Wahlergebnis in Italien ebenfalls für kräftige Kursverluste. Der Nikkei-225-Index sackte um mehr als zwei Prozent ab. An der Wall Street lag der Dow Jones Industrial kurz nach Handelsbeginn dagegen leicht im Plus. Am Montag hatte er noch den größten Tagesverlust seit Anfang November 2012 verzeichnet.

Die Risikoaufschläge für Staatsanleihen aus Euro-Krisenländern zogen massiv an. Die Ausfallversicherungen gegen eine italienische Staatspleite stiegen auf den höchsten Stand seit Jahresbeginn. Zudem musste Rom bei einer Auktion von Staatsanleihen höhere Zinsen zahlen als bei einer vergleichbaren Versteigerung Ende Januar. Allerdings lag der Wert deutlich unter den Rekordzinsen, die Italien auf dem Höhepunkt der Euro-Staatsschuldenkrise Ende 2011 bieten musste.

Anleger flüchteten in die als sicher geltenden deutschen Staatsanleihen oder in Gold. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen sank. Der Goldpreis stieg um etwa ein halbes Prozent auf gut 1600 Dollar. Die Ölpreise bröckelten.

Das Mitte-Links-Lager von Pier Luigi Bersani hatte bei der Wahl nach den Ergebnissen vom Dienstag im Abgeordnetenhaus und im Senat zwar einen knappen Vorsprung vor dem konservativen Bündnis von Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi errungen. Doch im Senat können Berlusconi und die überraschend starke Anti-Establishment-Bewegung des Komikers Beppe Grillo Gesetzesvorhaben anderer Lager abblocken.

Wall-Street-Banker kassieren höhere Boni

Trotz der weiterhin köchelnden Schuldenkrise und einer strengeren Bankenregulierung verdienen die Finanzjongleure in New York City blendend: Für das vergangene Jahr dürfte ein Wall-Street-Banker im Schnitt einen Cash-Bonus von 121.900 Dollar erhalten haben, erklärte New Yorks oberster Finanzbeamter Thomas DiNapoli am Dienstag. Das sei 9 Prozent mehr als 2011.

Im Jahr 2011 waren die Zahlungen noch zurückgegangen. "Gewinne und Boni haben sich 2012 erholt", sagte DiNapoli. Den Beschäftigten in der New Yorker Finanzindustrie kam dabei ironischerweise auch zugute, dass die Banken in der Metropole im vergangenen Jahr Mitarbeiter abgebaut haben. So verteilte sich der Bonustopf auf weniger Köpfe.

Wieviel Geld die Wall-Street-Banker insgesamt verdient haben, lässt sich allerdings noch nicht sagen. Die bar ausgezahlten Boni sind nur ein Teil des Einkommens. Hinzu kommen Aktien sowie das Grundgehalt. Im Jahr 2011, wofür Daten vorliegen, summierte sich das Gesamtgehalt auf 362.900 Dollar. Das sei fünf Mal soviel wie das Durchschnittseinkommen in der Stadt, merkte DiNapoli an.

Bei seinen Zahlen beruft sich der Behördenchef auf vorliegende Steuerdaten. Seine Beobachtungen decken sich dabei mit einer bereits im November herausgebrachten Gehaltsstudie der Unternehmensberatung Johnson Associates.

(dpa/felt)
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