Analyse Die Lehren aus dem Hoeneß-Urteil

Düsseldorf/München · Nach viel Kritik publizierte das Münchener Landgericht die Begründung, warum Uli Hoeneß zu dreieinhalb Jahren Haft wegen Steuerbetrugs verurteilt wurde. Es zeigt, dass eine Selbstanzeige professionell sein muss und dass Steuersünder mitunter unklug handeln.

Der Aufsichtsrat des FC Bayern
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Am Donnerstag veröffentlichte das Münchener Landgericht erstmals die Begründung, warum Ex-Bayern-Manager Uli Hoeneß am 13. März dreieinhalb Jahre Haft für seinen Steuerbetrug in Höhe von mehr als 28 Millionen Euro bekam. Das 50 Seiten lange Dokument liest sich wie ein Lehrbuch darüber, wie man sich auf keinen Fall steuerehrlich machen darf, es zeigt, mit welcher Dreistigkeit Hoeneß die Justiz zeitweise hinters Licht führen wollte - und es zeigt, dass Hoeneß sein halbswegs mildes Urteil nur bekam, weil er am Ende alles zugab. Wir beschreiben die wichtigsten Lehren aus dem Fall Hoeneß.

Nicht naiv sein Das Verrückte am ganzen Steuerbetrug von Hoeneß war, dass einer der prominentesten Sportmanager Europas ernsthaft glaubte, er könne über viele Jahre lang Geschäfte in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro über eine Schweizer Bank abwickeln, ohne dass dies bekannt wird. Tatsächlich kauften die deutschen Steuerbehörden seit 2007 Steuer-CDs an, um Steuerflüchtlinge zu enttarnen. Und bei Hoeneß erzählte sogar ein Kenner der Verhältnisse herum, dass ein wichtiger deutscher Fußballmanager mit zig Millionen Euro bei der Schweizer Bank Vontobel jongliere - ein Reporter des "Stern" hörte von dem Gerücht, Hoeneß erfuhr wiederum von dessen Recherchen und ließ fast schon panisch eine extrem oberflächliche Selbstanzeige zusammenschustern. "Wir raten grundsätzlich allen unseren Mandanten zu kompromissloser und frühzeitiger Steuerehrlichkeit", sagt Georg Rotthege, Gründer und Chef der Kanzlei Rotthege Wassermann und Partner. "Gerade Familienunternehmer, Manager oder Prominente müssen wissen, wie hoch das Entdeckungsrisiko ist und dass Steuerbetrug hart verfolgt wird."

Selbstanzeige professionell machen Das Urteil räumt klar mit der Behauptung von Hoeneß auf, er habe am 15. Januar 2014 eine komplette Selbstanzeige abgegeben - und darum stünde ihm Straffreiheit zu. Fast schon genüsslich fasst es seitenlang zusammen, wie viele wichtige Details Hoeneß zu Devisentermingeschäften in Höhe von Dutzenden Millionen Euro übersehen habe, später nachgereichtes Material habe das Finanzamt am Ende nur weiter verwirrt - also sei zwingend gewesen, dass die Strafbehörden Hoeneß' Selbstanzeige nicht akzeptierten und am 20. März sein Haus durchsuchten und ihn verhafteten. "Die Selbstanzeige muss absolut professionell sein. Rumschustern wie bei Hoeneß ist der Tod", sagt Gerd Kostrzewa, der als Partner der Kanzlei Heuking, Kühn, Lüer Wojtek bereits mehr als 300 Steuerselbstanzeigen betreut hat. Sein Rat. "Die Belege müssen komplett sein, die Summen müssen stimmen, Gewinne müssen klar berechnet sein."

Dem Steuergeheimnis nicht vertrauen Mindestens so sehr wie das Strafverfahren traf Bayern-Boss Hoeneß die Indiskretion über die Ermittlungen gegen ihn. Ex-Postchef Klaus Zumwinkel wurde vor Kameras abgeführt, und bei Alice Schwarzer kam ihre Selbstanzeige dann auch heraus. "Wegen solcher Vorfälle gibt es noch immer bei manchen Menschen eine Scheu, sich steuerehrlich zu machen", berichtet der Steuerrechtler Lars Keltenborn von der Kanzlei Luxem Heuer Prowattke aus Köln, "aber solche Leute sollten an einem Ort wenigstens alle wichtigen Unterlagen zusammenhaben, um im Falle des Falles eine akzeptierte Selbstanzeige abgeben zu können."

Keine falschen Berater Hoeneß ließ seine Selbstanzeige von seinem Steuerberater und einem pensionierten Steuerfahnder machen - ein Riesenfehler, weil beide keine ausreichende Erfahrung mit Selbstanzeigen hatten. "Viele Selbstanzeigen sind zwar wirklich einfach" sagt Anwalt Kostrzewa, "aber gerade bei den Millionären geht es oft um komplexe Finanzprodukte."

Sich kooperativ zeigen Einziger Grund, warum Hoeneß mit dreieinhalb Jahren äußerst glimpflich davongekommen ist, sind laut Urteil seine vor Gericht gezeigte Reue sowie die Übergabe der praktisch vollständigen Kontendaten am Beginn des Gerichtsprozesses. Er habe sich damit "ans Messer geliefert", heißt es ausdrücklich im Urteil

Außerdem wird gelobt, er habe bei der Eigenanzeige zehn Millionen Euro direkt an das Finanzamt überwiesen. "Das Gericht erklärt zwar, es habe keine Absprache über das Urteil gegeben", sagt Anwalt Kostrzewa, "aber man gewinnt schon den Eindruck, dass es mindestens die Absprache gab, dass Hoeneß wichtige Straftaten zugibt, um damit einem zu harten Urteil und weiteren Nachfragen über die Herkunft seines vielen Geldes entging."

(RP)
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